Trans Europa 19.04.-20.06.03 - Vorabbericht Januar

Von Markus Müller

"Wer spricht von Siegen? Überstehen ist alles." Rainer Maria Rilke


Nur noch 100 Tage sind es bis zum Start des Trans Europe Footrace. Die organisatorische Vorarbeit durch Ingo Schulze und Manfred Leismann ist vorbildlich und geht dem Endspurt entgegen. Ein Großteil der Strecke ist schon genau vermessen und ein Roadbook ist erstellt.

Das Starterfeld ist auf 45 Läufer aus 13 Nationen angewachsen. 6 davon sind Frauen. Und das ist einzigartig in der Geschichte der Transkontinental Rennen.

Diese fing 1928 mit dem Bunion Derbie an. Ein Lauf von Los Angeles nach New York. Ein zweites Rennen fand im darauf folgenden Jahr statt. Der interessante Roman "Das Rennen" von Tom McNab (Fischer Verlag 83, vergriffen) beschreibt sehr anschaulich Organisation, Taktik und Dramen dieser Bunion Derbys. Die US-Amerikaner Jesse Dale Reiley und Michael Kenney machten 1992, inspiriert durch dieses Buch ihren Traum war und organisierten den Trans Am. Weitere Auflagen gab es 93, 94, 95 . Erst 2001 folgte das nächste Rennen, diesmal in Australien. Die Visionäre Bernie Farmer, Bruder und Betreuer von Australien - Umrunder Pat Farmer, und Jesse Dale Reiley taten sich zusammen um am 06. Januar 2001 das Trans Australia Footrace in Perth zu starten.
2002 organisierte der Engländer Alan Firth ein weiteres Rennen über 4980 km durch die USA in 71 Tagen.

Einige Läufer aus diesen Rennen sind auch beim 9. Trans Kontinentallauf vertreten:

Zu den Favoriten zählen meiner Meinung nach Dusan Mravlie/Slowenien, Sieger beim Trans Am 95 und 3. Beim Trans Australia Footrace und Wolfgang Schwerk/Solingen, 6. Platz beim Trans Australia Footrace und Weltrekordhalter über 3100 Meilen (fast 5000km) in sensationellen 42 Tagen. Bei den Frauen Martina Hausmann/Würzburg, Deutsche Rekordhalterin von 6 Tagen - bis zu 1300 Meilen - Läufen und Mariko Sakamoto/Japan, Siegerin des Run across USA 02.

Aus dem Run across USA 02 sind mit dabei: Der Sieger Martin Wagen/Schweiz, der drittplazierte Yuji Takeishi/Japan und die zweite Frau Kazuko Kaihata/Japan.

Helmut Schicke und Stefan Schlett sind beide 1992 durch USA und 2001 durch Australien gelaufen.

Manfred Leismann und Don Winkley/USA liefen 1995 den Trans Am.

Deutschlandlauf Erfahrung, 1998 Rügen- Lörrach 1225 km, bringen Michael Hadderfeld, Franz Häusler, Christoph Schwarzer und Michael Purwins mit.

Die Etappenlängen sind mit über 80 km die härtesten die jemals bei einem Trans Kontinentallauf gefordert wurden. Zum Vergleich:

Beim 6 Tage Lauf in Colac (Australien,Nov. 02, mit 26 Startern) entsprach der 12. Platz einer Leistung von 516,8 km.

Beim Trans Europa Lauf müssen in Frankreich in 6 Tagen bzw. Etappen zwischen Talence und Auneau alle Teilnehmer 525,8 km zurücklegen. Und erschwerend kommt hier noch die Regel von mindestens 5,6 km/h, stark befahrene Landstraßen und eine ständig neu improvisierte Versorgung auf den täglich neuen Strecken hinzu.

Die Lauferfahrung ist nur ein kleiner Teil des Könnens, die ein Transkontinental Aspirant mitbringen muß. Geschwindigkeit und Rekorde zählen auf so einer langen Strecke wenig oder nichts. Der sorgsame Umgang mit seinem Körper, Eigenversorgung von auftretenden Verletzungen nach einem
8-15h Lauftag sowie mentale Stärke, viel Geduld und Improvisationskunst sind wichtige Bausteine zum Erfolg.

Läufer ohne Mehrtageslauf-Erfahrung und da zähle ich Marathon des Sables, Swiss Jura und Spreelauf nicht dazu, werden es sicher sehr schwer haben. Es wird aber auch sicher die ein oder andere Überraschung geben.

Die ersten 10 Tage, immerhin bereits 810km, werden zeigen, wer das Potential hat, diesen Lauf durchzustehen. Für alle schwierig sind sicher zunächst die ersten Tage des "Überlebens", bis sich Betreuer und Läufer mit der ständig neu zu organisierenden Verpflegung eingespielt haben. Nach meiner Einschätzung werden dann noch ca. 20-25 LäuferInnen dabei sein; die dann allerdings auch nichts geschenkt bekommen. Erst nach 1906 km in 23 Tagen, kommen einige Erholungs Etappen mit etwas weniger Tageskilometer (71 km/Tag) zwischen Talence und Auneau.

Von Kreislauf belastender Hitze bis zu Blasen fördernder Dauerregen ist alles möglich. 7 Sprachen machen die Kommunikation unterwegs auch nicht leichter. Zum Glück fällt durch den Euro das Geldwechseln bis Polen weg. Die letzte Auslese wird sicher in den Osteuropäischen Staaten statt finden. Hier lauern schlechtere hygienische Bedingungen, einfache Kost und vielbefahrene Hauptverkehrsachsen mit sehr vielen Lkws. Ich bin gespannt, wieviel LäuferInnen das Ziel in Moskau erreichen werden.

Den 24 Betreuern und Betreuerinnen gehört schon vorab meine Anerkennung, daß sie sich für dieses Abenteuer zur Verfügung stellen. Nicht nur, das sie ohne Aussicht auf Ruhm und Ehre ihre Freizeit damit verbringen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang möglichst all die individuellen Bedürfnisse der Läufer zu befriedigen. Oft erhalten sie dafür noch nicht mal ein Dankeschön.
Ich wünsche Ingo Schulze und seinem Betreuerteam viel Glück und mentale Ausdauer.

Den LäuferInnen wünsche ich eine möglichst lange blasen- und verletzungsfreie Zeit und hoffe sehr, daß es zu keinen Verkehrsunfällen kommt.

Achtung: Wer Zeit und Interesse hat das Trans Europe Footrace hautnah mitzuerleben hat noch die Chance als Betreuer mitzuwirken. Gerne auch zeitweise. Z.B: Oster"ferien" der absolut besonderen Art in Portugal und Spanien, Himmelfahrt in Polen oder Pfingsten in Weiß Russland.

Verdienst ist es, ein absolut außergewöhnliches Sportereignis live mitzumachen. Einfache Kost und Logis wären frei.

Interessenten melden sich bitte bei Ingo Schnulze www.transeuropalauf.de


Buchtip: Leider vergriffen, aber die ein oder andere Stadtbibliothek hat es vielleicht.

Das Rennen
von Tom McNab

Erzählung über die ersten Bunion Derbys 1928/29 durch USA


Autor: Markus Müller
Trans Australia Footrace 2001, 10 Tage Lauf New York 2000, Deutschlandlauf 1998