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Stefan Schirmer , 05.10.2005- Mein Ultra-Debut beim 2. Kölner 12er -
Auf den 6-Stunden-Lauf beim 2. Kölner 12er freute ich mich schon länger. Es sollte mein erster Ultralauf werden. Und die Berichte zur Premiere 2004 und die Vorabinformationen ließen mich auf eine nette, familiäre und gut organisierte Veranstaltung hoffen.
Als ich die Rheinbrücke überquerte, lief mir die Erinnerung an meinen ersten Marathon in Köln durch den Kopf und ein Schauer über den Rücken. Kurze Zeit später, gegen 11.00 Uhr, kam ich am Veranstaltungsort in Köln-Weiden an und fand einen taktisch günstigen Parkplatz direkt hinter den Verpflegungspavillons.
Die 12-Stunden-Läufer, die bereits um 7 Uhr gestartet sind, hatten da schon etliche Kilometer in den Beinen. Unter ihnen auch Ultralauf-Prominenz wie der Transeuropalauf-Sieger Robert Wimmer.
Ich hatte bis zum Start des 6-Stunden-"Bambinilaufes" noch ausreichend Zeit, meine Startnummer und ein paar Gaben in der Startertüte abzuholen, meinen persönlichen Verpflegungs- und Klamottenwechselstand im Kofferraum einzurichten und den obligatorischen Gang auf die Keramik zu erledigen.
Andre und Ulli, mit denen ich vorher schon Mailkontakt hatte und die ebenfalls ihre Ultra-Premiere feiern wollten, lernte ich auch kennen.
Meine Taktik für den 6-Stunden-Lauf war recht einfach. Ich wollte möglichst lange einen gleichmäßigen 6:00-Schnitt laufen und mindestens 50 Kilometer schaffen. Mental- und kräftemäßig sollte dies eigentlich kein Problem darstellen. Allerdings hatte ich gewisse Zweifel, ob meine Gehwerkzeuge mitspielen würden, da ich in der Vorbereitung diverse Zipperlein hatte.
Wenn das mit einem gleichmäßigen 6:00-Schnitt tatsächlich funktionieren würde, gäbe es gleichzeitig eine neue persönliche Bestleistung auf der Marathon-Distanz.
Zumindest das Wetter wollte seinen Teil dazu beitragen. Ungefähr 15°C bei meist bedecktem Himmel - für mich ideal.
Um 13.00 Uhr futterten die 12-Stunden-Läufer ihre Nudeln und die gut 30 Teilnehmer des 6-Stunden-Laufes wurden auf den amtlich vermessenen 2-Kilometer-Rundkurs geschickt. Unter ihnen auch Shakal Ryan, der erst ein paar Tage zuvor den Deutschlandlauf von Rügen nach Lörrach über gut 1.200 Kilometer gefinished hatte.
Vom Startbereich führte die durchgehend flache und meist asphaltierte Strecke zunächst nach einem Links- und später einem Rechtsknick an Büschen, Wiesen, Feldern und ein paar Vorstadtteenies vorbei, überquerte einen Parkplatz und verlief dann durch Wohngebiet. Nach der 1.000 Meter-Marke, zwei weiteren Rechtsknicken und einem Linksknick befand man sich wieder auf der Straße zum Startbereich, wo noch eine Wendemarke umlaufen werden mußte, bevor die Zeitnehmermatten die nächste Runde einpiepsten.
Klingt langweilig - war es aber nicht.
Mit Andre hatte ich zuvor verabredet, möglichst lange zusammen im 6:00-Schnitt zu laufen. Das funktionierte zunächst ganz gut. Wir hatten offensichtlich die gleiche Schrittlänge, denn die Füße platschten synchron. Allerdings lagen wir leicht hinter dem geplanten Schnitt zurück, so daß ich ganz leicht das Tempo anzog. Andre bekam leichte Schwierigkeiten und beschloß nach 10 Kilometern, eine langsamere Runde einzulegen. Von da an lief ich alleine weiter. Es lief gut und bei Kilometer 12 hatte ich bereits ein paar Sekunden Guthaben auf den geplanten Schnitt.
Irgendwie war man immer abgelenkt. Die 12-Stunden-Läufer liefen teilweise schon recht langsam oder gingen, so daß ich häufig überholte, aber auch von den schnellen Hirschen und Rehen mehrfach überrundet wurde. Ein älterer Schwede war aufgrund eines Hüftleidens mit Krücken unterwegs. Er freute sich, als ich ihn auf schwedisch begrüßte. Die Streckenposten klatschten unermüdlich. Eine von ihnen gab alles an der Ratsche - sie hatte ihren Muskelkater hinterher wohl eher in den Armen. Fußballmannschaften kreuzten den Weg; ein Spieler ließ sinngemäß einen Spruch ab wie "Ich hab' ja keine Ahnung, aber die ganze Zeit im Kreis auf Asphalt herumlaufen kann doch nicht gesund sein". Ich hätte ihm am liebsten zugerufen, daß es ja sicherlich gesünder sei, sich bei einer Blutgrätsche einen Kreuzbandriß zu holen, hatte aber keine Zeit für Ironie.
Spätestens auf der Straße Richtung Verpflegungsstand überlegte ich, ob und -wenn ja- mit was aus dem reichhaltigen Angebot ich denn meine Flüssigkeits- und Energievorräte diesmal auffüllen sollte.
Von süß (Schokopuffreis, Kekse, Haribos...) über fruchtig (Banane, Apfel...), gemüsig (Gurke, Paprika...) und salzig (Tuc, Chips, Nüsse, Jodsalz...) war große Vielfalt vorhanden. Auch die Getränkeversorgung (Wasser mit und ohne Geblubber, Schorle, Cola, Malzbier, Iso-Getränk...) ließ kaum Wünsche offen.
Ich griff jedoch meist auf die bewährten Bananenstücke zurück. Dazu gab es in wilder Mischung Mineralwasser, Cola und Isogetränke in leuchtenden Farben des Regenbogens und mit dem Aroma aufgelöster Gummibärchen. Vorsorglich warf ich mir zwischendurch noch ein paar Salztabletten ein und war dankbar, daß mein Magen das Treibstoffgemisch ohne Murren hinnahm.
So lief ich Runde um Runde und baute kontinuierlich, aber eigentlich unbeabsichtigt, mein kleines Zeitpolster aus.
Meine Knie zickten schon bei Kilometer 8, aber ich beschloß, sie zu ignorieren. Sie versuchten noch etliche Kilometer, mich zu ärgern. Ich wollte mich aber nicht ärgern lassen und die Beine stellten ihre Taktik um. Statt Knieschmerz war nun allgemeine Müdigkeit angesagt. Die befürchteten Wadenkrämpfe blieben jedoch aus.
Ungefähr nach 25 Kilometern wurde das Ganze etwas zäher. Die Leistung ließ etwas nach, aber ich brach nicht ein. Gelegentlich gönnte ich mir eine kurze Dehn- oder Gehpause, so daß die Rundenzeiten sich meist im Bereich 13:xx bewegten.
Kilometer 42 hatte ich bei 4:23:45 geschafft. Geschätzte knapp 200 Meter weiter, also bei Marathondistanz, drückte ich die Stoppuhr bei 4:24:38 - neue Marathon-PB!
Kurze Zeit später konnte ich dem schnelleren Ulli zum Ultra gratulieren und nach 5:24:32 war es auch bei mir soweit: ich vollendete die 25. Runde und hatte die 50 Kilometer im Sack! Der Rest war Zugabe. Ich lief meinen Streifen weiter, bedankte mich kurz vor Schluß bei den stets anfeuernden Streckenposten für die Unterstützung und holte mir noch schnell ein langes Shirt aus dem Auto, bevor ich die letzte Runde anbrach. Ich peilte als Zielpunkt einen Sessel an, der beim 2. Streckenposten auf der Straße stand. Dort angekommen war aber noch Zeit und in der Ferne die 1.000 Meter-Marke zu sehen. Ich gab noch einmal Gas, schaffte es aber nicht ganz. 19.00 Uhr. Schüsse und Autohupen hallten durch das Gelände. Ich stoppte. Das war's. Mein erster Ultralauf. Ich hatte es tatsächlich gepackt - und das besser als erwartet!
Aufgrund meiner ungünstigen Zielposition wurde ich als letzter vermessen und bekam meine Medaille umgehängt. 54,950 Kilometer. Klar; die fehlenden 50 Meter bis zur nächsten vollen Tausend wären auch noch gegangen, wenn ich eine Gehpause verkürzt oder auf das Shirt verzichtet hätte. Aber das war der einzige kleine Wermutstropfen.
Frisch geduscht ging es später aus dem Sport-Center hinter dem Verpflegungsbereich eine Etage höher ins Restaurant zur Siegerehrung. Eine Veranstaltung der kurzen Wege. Dort traf ich auch Andre wieder. Mit Putenschnitzel, Pommes, Salat und 2 großen Alster füllte ich meine Energiespeicher wieder auf und spendete den Siegern und Platzierten den verdienten Applaus, insbesondere der Gesamtsiegerin Ilona Schlegel, die in 12 Stunden beeindruckende 131,159 Kilometer erlief.
Zufrieden trat ich danach den Heimweg an.
PS: Auf dem Rückweg von meiner Schlußposition zum Startbereich fragte mich einer der Vorstadtjugendlichen, da ich eine Medaille umhängen hatte, ob ich gewonnen hätte.
Ich antwortete: "Ja - gegen mich selber."
Er lachte.
Er hatte nichts verstanden...
© Stefan Schirmer, 05.10.2005
Weitere Info's und Berichte zum Lauf:
Kommentare zu diesem Bericht:
- Glückwunsch nonplusultra 06-10-2005 08:32
- ich kann Dich beruhigen FrauWerwolf 06-10-2005 09:10
- Re: ich kann Dich beruhigen Lauflöwe 07-10-2005 20:04
FrauWerwolf schrieb am 06-10-2005 09:10:ich kann Dich beruhigen
hallo Stefan,
schöner Bericht ;-) - aber Du warst mit Sicherheit nicht der mit der ungünstigsten Endposition. Elisabeth Krämer hat es nicht mehr ganz bis zu den Matten geschafft und mußte direkt gegenüber der Eigenverpflegungsbänke stehen bleiben. Da stand sie und dürstete nach Cola, mußte sich alles bringen lassen, weil sie sich nicht von der STelle rühren durfte, bis das Vermessungsduo am Ende der Runde auch bei ihr vorbeikam *g*
Gute Erholung
Gabi
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