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Alle zeigen - Bericht von Sabine Weiß zum L'Annécime:
Sabine Weiß , 06.07.2007Ultra Trail 80km, 5000 Höhenmeter auf&ab
Start in Annecy, 4:00 AM (450m)
Erste Verpflegung bei km 15 auf dem Crêt de Chatillon (1699m), dem Gipfel des Semnoz Gebirgszugs
Erster Staffelwechsel in Leschaux nach 20km
Dann wieder hinauf. Diesmal zwei Kuppen
Zweiter Staffelwechsel in Lathuile nach 40km, hier auch Gepäcktransport=trockene Schuhe&Strümpfe.
Anstieg zum col de la Forclaz
Dritte Verpflegung und Dritter Staffelwechsel in Planfait (960m) nach 62km.
Anstieg zu den Klippen über Annecy, ganz steiler Abstieg vor den letzten 2km am See entlang.
12 Frauen, 113 Männer auf der SoloTour,
dazu 16 Zweierstaffeln und 18 Viererstaffeln.
Alles in Allem also eine gute Mischung für einen langen Lauftag.
Nachdem der frühe Start überwunden war ging es kurz am See entlang aus der Stadt hinaus, schnell in den Wald und an die erste Steigung. Noch im Dunkeln mussten die Stöcke ausgepackt und ausgerichtet werden. Auf schmalem, wurzeligem Pfad im Wald... na ja, ich bin erst mal hingefallen, hätte wohl besser anhalten sollen, weil dieser blöde linke Stock da immer so hakt bevor er ausgefahren ist. Der Daumen tut noch immer etwas weh, aber zum Glück nix gebrochen. Weiter also im Schein der Petzl-Lampen, immer schön nach Wurzeln und Steinen schauen. Da ist nicht viel mit in den Wald blicken (eh dunkel) oder Gedanken schweifen lassen (eh noch weit vor dem Aufstehen). Irgendwann registriere ich doch, dass die Vögel zu singen beginnen und es etwas weniger Dunkel ist. Und irgendwann – wir steigen immer noch stetig aufwärts – wird es dann hell und ich kann die Lampe abnehmen und verstauen. Sie gehört zum Pflichtgepäck, welches jeder den ganzen Trail über mit sich führen muss (sogar diejenigen Staffelläufer welche nur im hellen laufen): 1l Wasserreservoir, Rettungsdecke, Pfeife, Lampe. Die meisten tragen einen kleinen Camelback, wenige Bauchgurt. Ebenfalls in meinem Rucksack verschwindet nun die dünne Regenjacke, welche bereits kurz nach dem Start ausgezogen hatte – so warm war es in dieser Nacht.
Schnell (nach 2:39, vieleicht doch eher weniger schnell) war die erste Verpflegung erreicht. Käse und Salami wollten mir noch nicht munden, aber Banänsche und Riegel sind immer gut und neben Wasser, Cola, Tee gab es Energiegetränk zum Auffüllen der Wassersäcke. Weiter ging es bergab zur Wechselstation. Mal im Bachbett, mal auf der Wiese rutschend, mal über Steine springend – die Stöcke waren hier wilkommene Balancehilfe. Es ist eben ein echter Trail; nix mit Autobahn durch den Wald gefräst, ausser manchmal, wenn es dann doch auf einem Fahrstreifen bergab ging (aber auch nur mit Allrad befahrbar, so steil und steinig). Schnell waren wir im Ort, erste Betreuer und Staffelwartende begrüssten uns und da die Vorräte noch ausreichten ging es gleich wieder hinaus und auf dern anderen Talseite hinauf. Im zweiten Teilstück erwarteten uns gleich zwei Pässe, dafür ging es aber weniger hoch hinaus. Die Ausblicke waren wieder traumhaft und auch das Wetter wurde immer schöner. Inwzsichen hatte sich auch ein Laufpartner mit passendem Tempo gefunden und wir ermunterten uns immer gegenseitig vom Wandern wieder anzutraben. Ging gut – nur war er so schlau, auf der ersten Kuppe eine Verpflegungsrast zu machen. Ich rannte blind weiter und somit einige Zeit später in ein Energieloch (wie war das mit der Ultraerfahrung?). Immerhin war sofort klaar, woran es liegt und so weit war es ja auch nicht mehr bis zur zweiten Verpflegungsstation. Inzwischen wurde es wärmer und um 10:00 liess ich dann auch das langärmelige Top im Kleiderbeutel, wechselte in trockene Schuhe und Strümpfe, vespeiste einen PowerRiegel (igitt, aber manchmal wirklich hilfreich) und alles was so auf dem Tisch lag, füllte die Wasserblase und brach wieder auf. Nicht weit ging es, bis ich an einer Bushaltestelle dann die andere Wasserblase erst mal leeren musste (es sollte an diesem Tag das letzte Mal bleiben).
Wieder ein langer Anstieg (wir waren beim Briefing um 3:45 gewarnt worden, aber wer passt um die Zeit schon richtig auf?), zunächst auf der Strasse und dann endlich im schattigen Wald. Irgendwann hatte ich genug Zick und Zack und Zick und Zack gekurft. Dichiri Sherpa kam vorbei (die Elite war 2h nach uns gestertet) und meinte es wären nur noch 15min bis oben. Das mag wohl für sein Tempo gelten habe ich noch gedacht, als er elegant und zügig meinen Blicken entschwand. Ebenso dachte ich, dass man eigentlich an der Markierung des Weges nichts aussetzten kann, aber wie so oft geht es genau dann schief, wenn man den Tag vor dem Abend lobt, bzw, zu tief ins seelige Laufdämmern eintaucht. Ich bewunderte noch den schönen Ausblick rechts hinunter zum See, sogar Annecy war ganz am Ende zu sehen, und rannte in zwei Wanderer, welche mir schnell bedeuteten, doch besser umzudrehen, wenn ich denn wie die anderen zum Col de Forclaz wollte. Ooooops! Gesagt, getan. Wütend über meine Dusseligkeit (hatte ich doch vorher beim Anstieg noch eine Frau überholt) lief ich mit neuem Schwung schnell zurück zu dem verpassten Zack und wand mich weiter dem Berg hinauf. Grumpfgrizzlwupf dachte ich noch und verfiel wieder in den Laufschlummer – jetzt allerdings in einem Nebenthread auf die Markierung und die Fussstapfen der Anderen achtend. Irgendwann querte ich eine Strasse, konnte Wasser auffüllen und dann mit vielen Touristen weiter zum Col hinauf. Dort ist eine bekannte Basis für Gleitschirmflieger, auch Tandemflüge und Flugschulen und entsprechend viel Radau an einem sonnigen Frühlingstag. Irgendwann lag auch das hinter uns, ein kleines ab, ein weiteres auf, ein grösseres ab und noch zwei Wellen hinauf. Hier waren wir wieder eine 5er Gruppe und kamen nicht recht vorann. Also lief ich kurz voraus und packte die Schokoladentafel aus, welche wir genüsslich verpeisten, bis auf die zwei, die dann als erste hinter uns blieben. Nochmals ging es rutschig zu einem Bach hinab, hinein und wieder 3m steil hinauf, weiterhin auf single trail Breite, relativ flach und mit steilem Abhang zur linken aber dann doch wieder zügig bergab auf breiterem Wege bis in die letzte Verpflegungsstation. Hatte ich nach der ersten Hälfte in 6h noch mit einer 12h Ankunft spekuliert, wurde dies Ziel verdrängt, als ich erst nach 10h auf die vierte Etappe ging, aber die war ja nicht mehr ganz so lang. In der Rucksackblase hatte ich nun ein Cola-Wasser-Gemisch und noch so einen ‚leckeren’ Powerriegel im Magen und es ging erst mal weiter bergab und ab und ab. Wie gemein dachte ich noch, die ganzen schönen Höhenmeter müssen wir gleich noch wieder hinauf – aber dafür waren wir ja hierher gekommen. Der Tag begann lang zu werden und die Oberschenkel hatten genug vom Abfangen der Stösse. Wie in allen Geschichten geht aber auch das vorüber und endlich durften wir wieder bergauf. Inzwischen war ich erneut alleine unterwegs und überholte erneut die Frau von vorhin, die mich nun gar nicht mehr freundlich anblickte. Aber was solls, bis ins Ziel habe ich ihr noch 45min abgenommen. Es ging also wieder im Wald hinauf und dank guter Energiestrategie konnte ich noch einige weitere Leute überholen, verletze gab es um diese Zeit hier noch nicht. Wer so weit kommt, der kommt auch ans Ziel, so motivierte ich mich weiter, obwohl die Oberschenkel nun auch bei bergauf zu jammern begannen. Der Wald war wieder besonders schön und ich hing den Gedanken nach. Irgendwann wurde es steiniger, die Felsen über Annecy, welche im Sonnenuntergang immer so schön rot glühern, waren erreicht. Meine Schuhe waren auf Fels etwas weich in der Sohle bzw. meine Füsse nach 11 1/2h zu empfindlich, aber es ging. Warm war es hier auch und verflixt eng und felsig. Ich musste mehr auf den Weg und die entgegenkommenden Wanderer achten, als die Aussicht auf den See geniessen zu können. Besser so, sonst wäre ich in das abkühlende Bad gesprungen und das ist bei 800 Höhenmetern nicht ganz so gesund. Schliesslich ging es auf 2km in steilem ZickZack den letzten Abstieg hinab; noch voller Schwung kamen ich am Seeufer aus dem Wald. Dann 2km Hindernisrennen, waren doch viele Familien am Nachmittag um 5 mit Kind und Kegel auf der Strandpromenade unterwegs zum Schwimmbad, zum Eisessen oder zum gesehen werden. Wir verschwitzt und müde drumrum und mittendurch; einige aufmunternde Zurufe und Blicke des Erstaunens: ‚da rennt ja auch eine Frau mit’ dann endlich der rote Teppich vorm Zielbogen. Es war geschaft.
Im Ziel gab es nicht nur Lob und Anerkennung vom Veranstalter, vom Sherpa und den Massagedamen sondern auch einen leckeres Salatbuffet mit Brot und Bergkäse, Kuchen, Obst, Saft und Kaffee. Prima Idee und das alles für 40 Euro - inclusive langarm Baumwollshirt und grosser Preisverlosung nach Startnummern. Für die Sieger gab es Pokale, Medaillen sind hier nicht angesagt.
Leider sind auch meine Beine nur aus Muskeln und Knochen gemacht. Vor allem Montag war der Muskelkater sehr heftig. Sonntag war ich nur ein wenig spazieren und heute werde ich wohl Schwimmen gehen. Die steilen bergab Passagen haben die vorderen Oberschenkel arg strapaziert. Dafür spürte ich die Oberarme kaum, habe die Stöcke also nicht genug eingesetzt. -> Weiterüben!
© Sabine Weiß, 06.07.2007
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