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Stop, leider geschlassen!

 

Elisabeth Herms-Lübbe zum Bad Salzuflen (02.03.2007) - Ultramarathon beim Steppenhahn (10.2000)
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Elisabeth Herms-Lübbe , 02.03.2007

Volkslauf mit eigenem Stau


Ende Februar – wieder mal Zeit für Bad Salzuflen. In der Ausschreibung im Internet ist ein nettes Bild. Ist es die winterlich warme Bekleidung, oder hat man das Mittelfeld fotografiert: Die Läufer sehen etwas voluminöser aus als in anderen Ausschreibungen. Das ist anheimelnd, da bin ich willkommen.

Allgemein hat es sich bewährt, eine Stunde vor Marathonstart an Ort und Stelle zu sein. Man kann dann noch alles in Ruhe regeln und vielleicht ein Schwätzchen halten. So hatten wir auch dieses Mal geplant. Nach Verlassen der Autobahn konnte man den Weg gar nicht verfehlen: einfach hinein in den Stau und sich langsam mitziehen lassen. Dank unseres Zeitpolsters war das unproblematisch. Schlechter dran waren die, die später kamen. Extra für sie wurde der Start um zehn Minuten verschoben. Denn der Volkslauf erfreute sich einer gewaltigen Beteiligung, schon wieder ein Rekord nach oben. Alles in allem gab es ca. 1500 Aktive verschiedener Disziplinen und Streckenlängen. Den Marathon haben 260 Leute geschafft.

Vor dem Start war es richtig voll in der Schule. Da hat man gemischte Gefühle. Überall Gedränge ist einem unangenehm, andererseits erfüllt es einen mit einer tiefen Befriedigung, an diesem Tag offensichtlich genau das Richtige vorzuhaben; Geborgenheit im Mainstream. Es gab viele Nachmelder. Das machte wohl das milde Wetter. Grundsätzlich ist das mit Nachmeldern so eine Sache, denn die Verpflegung und auch sonst vieles kann nicht ordentlich kalkuliert werden, hier mussten zum Beispiel gegen Ende des Marathons die Portionen der geliebten Schokolade halbiert werden. Deshalb, so erwägt man, soll es im nächsten Jahr keine Nachmeldungen mehr geben.

Das würdige Kuchenbüfett war der Menschenmenge angemessen. So viel Selbstgebackenes! Ich hätte ein Panoramafoto davon machen sollen.

Der Marathon setzt sich aus einer kurzen Hin- und Rückstrecke und fünf waldigen Runden à acht Kilometern zusammen. Der Start erfolgte – wieder moderiert von der Ladefläche eines Lastwagens – auf einer normal breiten Straße durch normales Wohngebiet. Vorher ging ich auf dem Bürgersteig ganz nach hinten, um dann jedoch, nach dem Startschuss, am Rand, direkt neben Zäunen und Krokus bestandenen Rabatten, recht zügig voranzukommen. Ziemlich schnell hatte ich das Mittelfeld, das gar nicht so recht in Schwung kommen wollte, überholt. Das kann ich nicht verstehen: Warum warten so viele, bis ein freier Raum vor ihnen entstanden ist? Auf Asphalt in einer Wohnstraße kann man doch gefahrlos Brust an Rücken laufen. Beim Radfahren im Windschatten klappt es auch ohne Lücken. Mehr Kohärenz im Feld, und alle kämen schneller weg. Auch Autos an Ampeln. Und warum nutzt man nicht die ganze Straßenbreite?

Es gab noch zweimal einen kleinen Läuferstau, dann entzerrte es sich. Die Hügel würden jedes Jahr steiler, meinte jemand. Ja, da waren wir wieder alle auf der alt vertrauten Strecke. Ein klein wenig hat es mal geregnet, ziemlich matschig war es, und einige umgewehte Bäume verursachten eine kleine Streckenänderung. Auch an Frankie war wieder gedacht worden. Ein frisches Schild erinnerte an seinen Tod auf der Strecke vor zehn Jahren. Ich hoffe und vermute, er hat einen angenehmen Tod gehabt, mitten aus dem vollen Leben heraus. Ich habe einen guten, älteren Freund, der immer sagt: „So wünsche ich mir das: Ich fahr mit dem Rad durch den Wald, fall tot runter und der Krankenwagen kommt zehn Minuten zu spät.“

Also zog ich wieder bedächtig meine Runden. Das ist auch Physik. Denn ich war noch nie zierlich. Damit hatte ich schon als Kind zu tun. Damals wurde ich sehr von Werbung in Apothekenschaufenstern angesprochen: Eine stilisierte bäuchige Gestalt auf der linken Seite, eine andere mit eingedelltem Bauch auf der rechten. Die eingedellte Gestalt hatte Schlank-Schlank genommen. Der Hunger würde wirksam unterdrückt, gut gelaunt und tatkräftig sei man obendrein, wurde versprochen. Da stand für mich fest, wenn ich groß bin, kaufe ich Schlank-Schlank. Doch dazu kam es nicht, denn das Mittel bestand aus reinen Amphetaminen und wurde aus dem Verkehr gezogen. Das stell man sich mal vor, Speed und Extasy rezeptfrei aus der Apotheke, dazu noch richtig gut beworben. Gerade jetzt wieder hat mich Medikamentenwerbung im Fernsehen verwirrt. Also, wenn man (eher frau) emotionale Stabilität und Ausgeglichenheit erlangen will, Leistungsdruck besser aushalten und etwas gegen Gedächtnisschwäche und Konzentrationsstörungen tun möchte, soll man ein bestimmtes Ginkgomittel nehmen. Ich war so vor den Kopf geschlagen, weil ich angesichts meiner bescheidenen Zeiten bei Marathons die trotzdem positiven Auswirkungen des Laufens zusammenstellen wollte, und da war sie, die Zusammenstellung, perfekt formuliert, nur aus einer ganz anderen Ecke.

Noch vor dem Start hatte der Sprecher auf der Ladefläche die „Mädchenfrage“ nach Toiletten an der Strecke mit Nein beantwortet. Ein wenig unangenehm kann das schon werden, denn wenn so viele Läufer unterwegs sind, ist ein schicklicher Rückzug nicht ganz einfach. Sowieso gibt es eine gewisse Unerklärlichkeit dabei: egal, wie man darauf achtet, kaum hat man begonnen, kommt jemand um die Ecke, reine Magie. Einmal überholte mich eine Frau mit einem Röckchen über der Laufhose. Daran habe ich auch schon manchmal gedacht. Das Bedürfnis wird mit Rockbedeckung weniger peinlich, und obendrein sind bei Kälte Nieren und Oberschenkel noch mal extra geschützt, sodass es nicht ständig wiederkehrt.

Auf meiner letzten Runde war die Strecke schon wieder blitzblank aufgeräumt. Das eine Getränkezelt war so vollständig verschwunden, dass man überhaupt nicht mehr erkennen konnte, wo es gestanden hatte. Dafür hatte sich mir eine Radbegleiterin zugesellt, die mich mit Kaffee versorgte. Das hat mich gefreut, das war eine fürsorgliche Betreuung.

Wieder in der Schule angekommen, war das Gedränge längst abgeklungen und der gemütlichere Teil der Veranstaltung hatte begonnen. Ich kann mich noch gut erinnern, vor Jahren hatte ich nach einem meiner ersten Marathons dort gesessen und immer gedacht: „Nie wieder!“ Damals war ich auch noch schneller. Das mit dem „Nie wieder“ ist aber bald vorübergegangen. Urkunden gab es, und wer es ganz eilig hatte, kann sie sich selbst im Internet ausdrucken. Darüber hinaus könnte man eigentlich zur Entlastung der Veranstalter auch Startnummern nach Voranmeldung und Bezahlung selbst ausdrucken oder malen und dann mitbringen, nach dem Prinzip bei Billigflügen. Jeder müsste dann an seinem Startnummernband ein robustes Täschchen aus regensicherem Klarsichtmaterial haben, wo er sie hineinsteckt. Das ist auch nur mal noch so eine Idee von mir.


© Elisabeth Herms-Lübbe, 02.03.2007

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