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Stop, leider geschlassen!

 

Stefan Schirmer zum TorTour de Ruhr (21.06.2007) - Ultramarathon beim Steppenhahn (10.2000)
Alle zeigen - Bericht von Stefan Schirmer zum TorTour de Ruhr:
Stefan Schirmer , 21.06.2007

-Tief im Westen- Als Etappenläufer bei der TorTour de Ruhr

TorTour de Ruhr
Etappenlauf Essen/Baldeneysee -> Duisburg/"Rheinorange"
03.06.2007


- Tief im Westen -



Tief im Westen
wo die Sonne verstaubt
ist es besser
viel besser, als man glaubt
Tief im Westen
Tief im Westen


Seit Herbert Grönemeyer sein gesungenes Liebesbekenntnis zu Bochum erstmals sang, sind auch schon wieder etliche Jahre vergangen. Viel Wasser ist seitdem die Ruhr und die Emscher runtergeflossen, viel hat sich verändert, vieles ist noch besser geworden, als man glaubt.
Der ganze Pott hat sich verändert. Wo früher Schlote rauchten hat sich Kultur angesiedelt. Zechen wurden zu Industriedenkmalen umgewandelt, Kunstobjekte auf Abraumhalten errichtet, Parks angelegt.
Kultur statt Kohle. Kunst statt Koks. Grün statt grau.
Bisher hatte ich, im Grenzgebiet zwischen Ruhrgebiet und Sauerland wohnend, die Veränderungen in den letzten Jahren und Jahrzehnten meist nur aus den Medien mitbekommen. Kein Wunder, dass in letzter Zeit in mir der Wunsch immer stärker wurde, von diesem Gebiet tief im Westen der Republik mehr zu entdecken. Am liebsten natürlich im Laufschritt und nah am Wasser.

Meine Gedanken schwebten auch schon einmal in Richtung von Mehretappenläufen entlang der Ruhr, der Lenne oder des Dortmund-Ems-Kanals. Aber es blieb zunächst bei den Gedanken.
Bis ich mitbekam, dass Laufkumpel Jens sich vorgenommen hatte, den 2006 eingeweihten Ruhrtalradweg über die komplette Länge, 230 Kilometer von der Quelle in Winterberg bis zur Mündung in den Rhein in Duisburg, nonstop zu laufen.
Eine verrückte, aber sehr faszinierende Idee, für die ich mich auch begeistern könnte, wenn mein Leistungsvermögen entsprechend wäre. Ein Stückchen als Etappenläufer mitkommen wäre ja auch schon prima gewesen, aber der geplante Termin 19.05. war für mich zunächst denkbar ungünstig.
Für diesen Tag hatte ich schon lange die Teilnahme am Rennsteigultra vage ins Auge gefaßt, hatte denn aber aufgrund einer mehrwöchigen Laufpause auf den Marathon am Rothaarsteig heruntergestuft.
Da Orkan Kyrill im Februar jedoch auch im Sauerland sein Unwesen trieb und große Schäden hinterließ, mußte der Rothaarsteiglauf abgesagt werden.
Schade - aber dafür war jetzt die Teilnahme an der TorTour de Ruhr, wie Jens seinen Lauf nannte, möglich geworden.

Ich war als sich selbst versorgender Etappenläufer willkommen und entschied mich, die letzten 42 Kilometer vom Baldeneysee in Essen-Kupferdreh bis zum Ziel an der Skulptur "Rheinorange" an der Rheinmündung, mitzulaufen.
Die Vorfreude auf den Lauf stieg zusehends. Aber auch eine gelegentliche Unruhe stieg in mir auf, wenn meine Gedanken um den Lauf kreisten. Schließlich war es eine Gleichung mit vielen Unbekannten. Der Startzeitpunkt in Winterberg, Samstags gegen 10:00 Uhr, stand fest. Aber wann mein Einstiegspunkt in Essen erreicht sein würde, ließ sich nur grob auf Sonntag Vormittag hochrechnen. Schließlich kann auf 190 Kilometern bis dahin viel passieren. Auch das Lauftempo würde "fremdbestimmt" und dem Rhythmus von Jens angepaßt sein.
Würde Jens den Lauf durchziehen können? Oder würde er vielleicht sogar noch so fit sein, dass ich das Tempo nicht halten könnte?

Wegen einer Knieverletzung mußte Jens den Lauf noch einmal um zwei Wochen nach hinten verschieben.
Aber nachdem sich zuvor einige Teilnehmer bei einem "Briefing" bei Kaffee und Kuchen kennenlernen konnten, war es am 02. Juni dann soweit - Jens startete mit Lauf- und Radbegleitern in Winterberg.
Gut eingelesen in die Sehenswürdigkeiten an der Strecke und bis unter die Haarspitzen voller Spannung harrte ich der Dinge, die da kommen sollten.
Um 7:30 Uhr am nächsten Morgen erreichte mich der Weckanruf von Pete. Die kleine Gruppe um Jens war zu diesem Zeitpunkt am Kemnader See in Witten.
Zeit für mich, letzte Vorbereitungen zu treffen und mich auf den Weg zu meinem Einstiegspunkt nach Essen-Kupferdreh zu machen. Da von dort bis zum Ziel noch ein paar Meter bis zur Marathondistanz fehlten, trabte ich ein paar Mal die Ruhrbrücke auf und ab, an der Jens, Pete und Radbegleiter Thomas kurze Zeit später eintrafen.
Pete hatte zu diesem Zeitpunkt gut 45 Kilometer Radbegleitung und 14 Kilometer Laufen in den Beinen, Jens bereits 190 Kilometer Nonstop-Laufen. So war es auch nicht verwunderlich, dass es nicht nur im Laufschritt, sondern manchmal auch gehend und mit den notwendigen Verpflegungspausen gemeinsam weiter ruhrabwärts Richtung Ziel ging.

Das Wetter war aus meiner Sicht fast optimal: bedeckt, Temperaturen von ungefähr zwanzig Grad, manchmal ein leichter Wind; vielleicht ein wenig zu schwül.
Zunächst führte uns der RuhrtalRadweg am Südufer des Baldeneysees entlang, oft direkt am Wasser. Nach kurzer Zeit konnten wir auf einer Anhöhe am anderen Ufer die 1873 von Alfred Krupp errichtet Villa Hügel erkennen, das ehemalige Wohn- und Repräsentationshaus der Industriellenfamilie Krupp.
Am Ende des größten der 6 Ruhrstauseen erreichten wir Essen-Werden, wo ein paar Seitenblicke einen netten Stadtteil erahnen ließen. Ab dort ging es nach einer Brückenüberquerung auf der Nordseite der Ruhr weiter - landschaftlich schön, an der Papiermühlenschleuse vorbei und immer nah am Wasser.
Zwischenzeitlich stießen auch Yogi (Jörg) und Michael mit ihren Mountainbikes zu uns, so dass wir nun zu sechst waren.
In Essen-Kettwig, ungefähr bei Kilometer 204 des Radweges, wechselten wir wieder die Ruhrseite und nach einem kurzen Schlenker durch Kettwig ging es eher im ländlichen Bereich weiter Richtung Mintard, wo wir unter der schon von weitem sichtbaren Mintarder Brücke (Ruhrtalbrücke) hindurchliefen, die in 60 Meter Höhe und auf 1800 Meter Länge die A 52 über das Ruhrtal führt.
Nach weiteren Kilometern über Land und durch Waldgebiet erblickten wir in Mülheim den Wasserturm mit der Camera Obscura, erreichten das Schloss Broich, einen mittelalterlichen Wehrbau, liefen zwischen plätschernden Brunnen hindurch und dann durch das Gelände der Mülheimer Langesgartenschau von 1992, den MüGa-Park.
Als nächstes kamen wir am Aquarius Wassermuseum vorbei, einem ehemaligen Wasserturm, der, -auch architektonisch interessant-, zum Museum umfunktioniert wurde und Ankerpunkt der "Route Industriekultur" ist. Für eine Besichtigung blieb natürlich keine Zeit; das galt auch für das Schloss Styrum, das wir kurz danach erreichten.
Dann verlor der Streckenverlauf etwas seinen Reiz; wir "durften" direkt entlang der A 40 laufen. Nach ungefähr einem Kilometer war dies aber überstanden. Die letzten 11 Kilometer der Strecke führten dann zunächst bei Oberhausen durch die Ruhrauen, wo die Ruhr allerdings nur zu erahnen war, mir aber die vielen, teils bunten Brücken auffielen.
Kurz vor Streckenkilometer 225, in Duisburg-Meiderich, hatten wir dann wieder Wasser neben uns; diesmal allerdings den Rhein-Herne-Kanal.
Auf dem Weg entlang des Kanals Richtung Duisburg-Ruhrort merkte man wieder deutlich, dass man "im Pott" war. Industrie- und Hafengebäude, Lastkähne und Schrottberge lagen an der Strecke, bevor wir dann über eine Ruhrschleuse und ein Stauwehr liefen und dann nur noch knapp 3 Kilometer zu Laufen hatten.
Es ging dann noch einmal an der Ruhr weiter, bis wir wenig später unser Ziel vor Augen hatten: die 1992 aus Stahl errichtete Skulptur "Rheinorange". 25 Meter hoch, 7 Meter breit, 1 Meter tief. Geschafft!
Für mich war ein schöner Trainings-Marathon zu Ende (der erste mit Trinkrucksack und vollgepacktem Gurt), für Pete ein Trainingsultra. Und Jens war der Erste, der den ganzen Weg am Stück zu Fuß hinter sich gebracht hatte und erhielt von Pete und mir noch ein extra angefertigtes Finisher-Shirt.
Jens' Frau und Freunde hatten ein paar Leckereien und Getränke im Ziel aufgebaut und nach den Finisherfotos, dem Anstoßen auf Jens' Leistung und einer Stärkung ging es, nachdem die Sonne doch noch einmal kurz unter den Wolken hervorlugte, wieder heimwärts.

Es war es interessanter Lauf in einer netten, harmonischen Gruppe, der Lust auf Mehr machte. Deshalb werde ich bestimmt mal wieder eine Lauftour durch das Ruhrgebiet machen und mir auch einige Flecken, an denen wir vorbeigekommen sind, als normaler Tourist näher ansehen - tief im Westen....


[Fotos: http://stefan-schirmer.fotoalbum-medion.de/ -> am Besten im Vollbildmodus und mit Ton ansehen]


Siehe auch
www.laufloewe.de
www.tortourderuhr.de



© Stefan Schirmer, 21.06.2007

Weitere Info's und Berichte zum Lauf:


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