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Gerhard Börner zum Gran Trail Valdigne (18.07.2007) - Ultramarathon beim Steppenhahn (10.2000)
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Gerhard Börner , 18.07.2007

Gelungene Premiere: Gran Trail Valdigne in Italien

Courmayeur im obersten Aostatal ist die beschauliche und für mich schönere italienische Schwester von Chamonix. Überragt vom Monte Bianco, wie der höchste Alpengipfel in Italien heißt, bietet sich von Süden ein ähnlich spektakuläres Panorama wie von Chamonix im Norden.

Teilnehmern des UTMB ist das Sportcenter in Courmayeur als große Verpflegungs- und Versorgungsstelle bekannt. Eben dort fand am 13.07.2007 die Ausgabe der Startunterlagen für den erstmals ausgeschriebenen Gran Trail Valdigne statt.

Die Homepage des Veranstalters beschreibt den Lauf als ersten Extrem Trail Italiens. Versprochen werden eine Distanz von 70 km, eine positive/negative Höhendifferenz von 5.000 m sowie grandiose Ausblicke.

Die Plakate, die im ganzen Ort auf die Veranstaltung hinweisen, enthalten genau diese Beschreibung. Der erste Blick in das „Roadbook“ lässt mich stutzen: Dort sind aus den
70 km plötzlich 84 km geworden. Ich frage die netten Helfer und erfahre, dass man die Entfernungsangabe aus den Karten entnommen hätte (steht auch so in der Ausschreibung), wenige Tage vor dem Start hätte man die Strecke dann mit GPS vermessen und festgestellt, dass es nun tatsächlich 84 km wären. Der Höhenunterschied wäre gleich.

Diese italienische Leichtigkeit gefällt mir. Ich habe kein Problem mit einer längeren Distanz, bin eigentlich sogar froh darüber, erwarte ich mir dadurch doch eine Entschärfung des Höhenprofils. Einige andere Teilnehmer sehen das offensichtlich kritischer. Zumindest höre ich die eine oder andere lautstarke Diskussion auf Italienisch oder Französisch. Die Mehrzahl der TeilnehmerInnen stammt aus diesen Ländern. Ich scheine, wie auch schon im Juni beim Grand Raid du Mercantour, der einzige deutsche Läufer zu sein.

Pasta-Party und Briefing finden am Freitagabend nach der Ausgabe der Startunterlagen und der Kontrolle des obligatorischen Materials (Kleidung für schlechtes Wetter, Stirnlampe, Wasser, Verpflegung usw.) statt. Die Strecke ist schneefrei, die Wetteraussichten bestens.

Ca. 290 TeilnehmerInnen warten am Samstagmorgen um 10:00 h im Zentrum von Courmayeur auf das Startzeichen. Die ersten 200 m der Strecke geht es flach durch die Gassen des Ortskerns dahin. Einige 100 Zuschauer haben sich eingefunden. Dann geht es zur Sache. Der erste Anstieg zum Colle Liconi beginnt bereits im Ort. Auf eine Distanz von 8 km gilt es ca. 1.450 hm zu überwinden. Zunächst durch Wald, später über blühende Almwiesen, geht es auf schmalen Pfaden immer bergauf. Nach Erreichen der Baumgrenze bietet sich ein atemberaubendes Panorama auf den Montblanc und die Grandes Jorasses. Auf dem weiter nördlich gelegenen Höhenzug taucht das Refuge Bertone auf, den Teilnehmern des UTMB als Verpflegungsstelle bekannt.

Der Schlussanstieg zum Colle Liconi erfordert in steilem Gelände Trittsicherheit. Dann ist die erste Kontrollstelle erreicht. An einem wunderschönen Bergsee vorbei, geht es immer steiler werdend hinab zum ersten Getränkeversorgungsstand bei km 12. Es folgt ein relativ unschwieriges Teilstück mit nur geringen Höhenunterschieden bis zur ersten Verpflegungsstelle bei km 18.

Der folgende Aufstieg zur Testa Fetita hat ca. 870 hm. Zunächst auf guten Wegen, dann über Geröll und Fels, ist der Anstieg in der Hitze des Nachmittags auf alle Fälle eine schweißtreibende Angelegenheit. Am Gipfel eine erneute Kontrollstelle, dann geht es
15 km bergab, knappe 1.700 hm verliert man dabei. Die Wege sind schmal, steinig und steil.


In Morgex (km 41) ist der Talgrund des Aostatals wieder erreicht. Eine Verpflegungsstelle bietet Nudeln, luftgetrocknetes Fleisch und viele andere Möglichkeiten sich zu stärken. Es folgt ein unschwieriger, aber auch langweiliger Abschnitt im Tal, teilweise auf asphaltierten Wegen nach Pre´St. Didier (km 46, 1.039 m).

Nach der dortigen Getränkestation beginnt der dritte Anstieg des Laufs zum Col Croce. Auch hier führt ein Abschnitt auf Forstwegen, ein kurzes Stück auch auf der Straße, vergleichsweise leicht, später steil und schwieriger werdend, zunächst zum Lac d´Arp, einem kleinen Bergsee. Die Dämmerung geht in die Nacht über. Im Licht der Stirnlampe geht es anspruchsvoll hinauf auf 2.381 m zur Kontrollstelle am Col Croce.

Aus dem Tal leuchten die Lichter des nächsten Etappenziels, La Thuille (km 64, 1.441m) herauf. Der Abstieg führt über Geröll, schmale steinige Pfade und enge Waldwege steil nach unten. Im Ort befindet sich die letzte Verpflegungsstelle. Zwei Teller Nudelsuppe und diverse andere Leckerein machen mich fit für den letzten Anstieg zum Colle Arp (km 74).

In sternenklarer Nacht gilt es auf 10 Entfernungskilometer nochmals ca. 1.130 hm im Aufstieg zu überwinden. Die Kontrollstelle am Col ist mit Notstromaggregat hell erleuchtet. Ich sehe sie schon aus weiter Entfernung. Der Anstieg zieht sich schier endlos. Aber dann ist es geschafft. Der Abstieg nach Courmayeur steht bevor. Ca. 1.350 hm auf die verbleibende Distanz von 10 km fordern auf teilweise üblen Pfaden nochmals volle Konzentration.

Im fahlen Nachtlicht zeichnen sich die Umrisse des Montblanc ab. Davor erkenne ich den Mont Favre. Dort ist das Maison Vielle, eine Verpflegungsstation des UTMB mit dem für mich absolut besten Angebot an Speisen und Getränken. Beim Gedanken an die heiße Schokolade, die es im vergangenen Jahr dort gab, läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Ich weiß aber auch, dass es der restliche Abstieg nach Courmayeur von dort aus in sich hatte. Und richtig, kaum gedacht, führt die Strecke auch schon weglos über steile Wiesen direkt in den Wald und dort in steilen, steinigen Kehren nach unten. Hier haben die Veranstalter noch mal alle Register gezogen, um der Bezeichnung Trail auch alle Ehre zu machen.

Gegen 04.30 h erreiche ich die ersten Häuser von Courmayeur. Der Weg durch die Menschenleeren Gassen zum Ziel im Sport-Center ist mit Kerzen in Fensternischen markiert. Etwas Gänsehaut ist erlaubt.

Kurz vor dem Ziel feiert eine kleine Gruppe in einem Zelt. Großer Applaus für jeden Läufer, der hier vorbei kommt.

Nach dem Zieleinlauf im Sportcenter von Courmayeur gibt es Duschen, Massagen und nochmals ordentlich Verpflegung sowie einen Zettel, auf dem neben mehrsprachigen Glückwünschen steht, dass das Finisher-Geschenk nach Hause geschickt wird.

Der Sieger, Marco Olmo, benötigte knappe 10:18 h für den anspruchsvollen Kurs. Ich beende den Lauf nach 18:44 h auf Platz 96. Von den ca. 290 Startern erreichen 146 das Ziel in Courmayeur. Weitere ca. 100 Teilnehmer beenden den Lauf bei km 41 in Morgex.

Der Gran Trail Valdigne stellt für mich eine gelungene Alternative zur „Kurzstrecke“ des UTMB (Courmayeur-Champex-Chamonix) mit 86 km und 4.500 hm dar. Das Profil ist im Vergleich zu diesem deutlich anspruchsvoller, die Anforderungen wohl insgesamt etwas höher. Es bleibt abzuwarten, ob sich der Gran Trail, nach der gelungenen Premiere, als Konkurrenz zum prestigeträchtigeren UTMB etablieren kann. Sollte es 2008 eine Wiederholung geben, kann ich eine Teilnahme nur empfehlen. Italienische Gastfreundlichkeit, traumhafte Landschaften, eine gute Organisation und ein kleines, fast familiäres Teilnehmerfeld sprechen für den Gran Trail Valdigne.

http://www.grantrail.it

© Gerhard Börner, 18.07.2007

Weitere Info's und Berichte zum Lauf:


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