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Stop, leider geschlassen!

 

Michael Irrgang zum Internationaler Isarrun (31.05.2006) - Ultramarathon beim Steppenhahn (10.2000)
Alle zeigen - Bericht von Michael Irrgang zum Internationaler Isarrun:
Michael Irrgang , 31.05.2006

Isarrun 2006: Mein erster Etappenlauf

Vom 15. bis zum 19. Mai fand der diesjährige Isarrun statt; ein Etappenwettlauf von der Isarmündung bei Plattling bis zu ihrer Quelle in Scharnitz, bei dem insgesamt 322 Kilometer zurückgelegt wurden. Von den 60 angemeldeten Teilnehmern standen am Montag 50 Männer und 7 Frauen am Start, um diese Extremausdauerleistung zu wagen, darunter internationale Eliteläufer und -läuferinnen, Teilnehmer vergangener Isarläufe, des Deutschlandlaufes und des Transeuropalaufes.

In der Vergangenheit hatte ich zwar Gefallen an längeren Landschaftsläufen gefunden, aber nach dem Wettkampf genoss ich stets die Tage und Wochen zur Pause und Erholung. Nun hieß es 5 Tage hintereinander durchschnittlich 68 km laufen! Bei dieser Art von Wettkämpfen entscheidet weniger die Grundschnelligkeit, sondern eher die Fähigkeiten, sich die Kraft auf die Tage einzuteilen, sich über Nacht zu erholen sowie mit kleinen Verletzungen und mit widrigen Bedingungen zu Recht zu kommen.

Nach einer Anreise am Sonntag und einem tollen Empfang am Vorabend wurde um 9 Uhr bei herrlichem Sonnenschein gestartet. Schnell bildeten sich viele Laufgrüppchen und bei gemütlichem Tempo vergingen die ersten Stunden beim Kennenlernen und Austauschen von Lauferlebnissen wie im Fluge.
Alle 8 bis 9 km stand ein gut bestückter Verpflegungstisch an der Strecke, der alles bot, was ein Läufer braucht und ein Läuferherz beglückt: Wasser, Iso, Tee, Säfte, Obst, Kekse, Schokolade, Rosinen, Kuchen, belegte Brote, saure Gurken, Gummibärchen und und und. Viele genossen die Pausen und nicht alle verloren die Woche über an Gewicht, obgleich der tägliche Kalorienbedarf zwischen 5.000 und 7.000 kcal lag!

Gegen Ende des Tages wurde ich ein wenig schneller, verließ meine Gruppe und beendete schließlich die 62,2 km lange Etappe nach Dingolfing als 12. der Gesamtwertung nach 5 Stunden und 44 Minuten, trotz eines unnötigen, zehnminütigen Umweges aufgrund einer Unaufmerksamkeit an einer Kreuzung.

Der nächste Tag führte uns bei teilweise strömendem Regen über 74,2 km nach Freising. Zwei Läufer konnten verletzungsbedingt nicht antreten, andere mussten aufgrund von Zeitlimitüberschreitung, die an jeder Verpflegungsstelle geprüft wurde, diese Etappe vorzeitig abbrechen. Ich kam als 9. nach über 7 Stunden Laufzeit kurz nach der Spitzengruppe ins Ziel. 11 Läufer und Läuferinnen waren länger als 10 ½ Stunden unterwegs, doch bei allen hinterließ diese Etappe Spuren: Abends wurde gesalbt, gecremt, massiert und gehumpelt!

Der dritte Tag führte von Freising mitten durch München bis nach Wolfratshausen, hatte 71, 6 km Länge und über 200 Höhenmeter, die andeuteten, dass man so langsam in die Alpen kam. Gestartet wurde wieder in zwei Gruppen, die Langsameren um 7 Uhr, die Schnelleren starteten eine Stunde später. Ich lief schwerfällig los und brauchte ein paar Kilometer, um meinen Rhythmus zu finden. Schließlich fand ich mein Wohlfühltempo und konnte sogar zur Spitzengruppe aufschließen, die ich kurze Zeit später ziemlich frech und übermütig sogar hinter mir ließ! Erst 15 km vor dem Ziel wurde ich von zwei Läufern wieder überholt und belegte einen unerwarteten 4. Platz in der Tageswertung. Rene Strosny, als Vorjahressieger und Topfavorit lief sein eigenes Rennen und gewann jede Etappe mit riesigem Vorsprung!

Die nächste Etappe nach Fall war mit 59,3 km eine "kurze" und einige sprinteten regelrecht los, um im Gesamtklassement noch ein wenig Boden gut zu machen. Ich hatte zwei Blasen bekommen und so recht mochte sich die Lauffreude am Morgen nicht einstellen. Aber die Sonne schien und die Gegend war wunderschön und bot einige lange, wenngleich leichte An- und Abstiege. Nachdem ich mein Tempo gefunden hatte, verließ ich meine Laufgruppe und schloss wieder zur Spitze auf, die heute weniger gut harmonierte; jeder hatte seine Probleme, lief für sich am Limit und war nur wenig auf Kommunikation aus. Ich fühlte mich mittlerweile richtig gut und bin trotz der knapp 800 Höhenmeter meine schnellste Etappe gelaufen und wurde wieder mit dem 4. Platz belohnt! Schade, dass es immer nur 3 Preise gab: Ich war mir sicher, eigentlich auch einen verdient zu haben! Abends dann schmerzten die Schienbeine; wahrscheinlich war ich zu schnell die Bergabpassagen gelaufen. Auch die Blasen, die ich beim Laufen irgendwann nicht mehr spürte, machten sich wieder, und zwar verstärkt, bemerkbar. Mein Körper und mein Geist wollten jetzt nicht mehr. Warum konnte hier nicht Schluss sein? Aber die Strecke für den nächsten Tag sollte mit 58,4 km kürzer als ursprünglich geplant werden, der Wetterbericht versprach sonnige Stunden und man machte sich gegenseitig Mut, dass alle, die jetzt noch im Rennen sind, wohl auch ankämen. Unglaublicherweise stimmte das tatsächlich! Obwohl jeder Probleme mit Blasen, Schienbein- oder andere Gelenkschmerzen oder mit dem Magen hatte - als der Startschuss fiel, liefen alle los – (fast) wie am ersten Tag!

Ich selbst lief am Ende der Spät-Gestarteten ohne jegliche Ambitionen auf Tempo und Platzierung. Einfach nur durchkommen! Mein Plan war, ganz langsam zu starten, dann auf Besserung zu hoffen und darauf, dass die geplanten 6 Stunden irgendwie rumgehen würden. Vom Start an regnete es, doch aufgrund geistiger Unflexibilität war ich der Einzige mit T-Shirt und Sonnerbrille im Kreis von regenfest eingekleideten Läufern! Nach einer halben Stunde war die Blase vergessen und ich konnte mein Tempo etwas anziehen. Kraftlosigkeit und Schienbeinschmerzen hielten den Spaßfaktor dennoch in Grenzen. Nur ankommen; je eher desto besser! Einige hatte sich für das Finale offensichtlich geschont und zeigten nun ihr wahres Potential, die meisten jedoch, leideten schweigend und zählten die verbleibenden Kilometer rückwärts. Wie es nicht anders zu erwarten war, ging es fast die ganze Zeit bergauf und als gegen Mittag die Sonne sich durchsetze, war man im herrlichen Bergpanorama des Karwendelgebirges eingetaucht. Nach unendlich langen 5 ½ Stunden war für mich auch diese Etappe beendet und wie fast alle Finisher lief ich mit feuchten Augen durch den Zielbogen: Geschafft! Die Stimmung im Ziel war unglaublich: die Freude, der Stolz, die Ausgelassenheit konnte man sehen und hören, einige sprangen voller Übermut in die 7° C kalte Isar! Ich konnte nur abwechselt meine Füße hineinhalten und tat dies nicht aus überschäumender Freude, sondern eher zur Kühlung meiner geschundeten Extremitäten.

Abends wurde dann noch bis spät in die Nacht gefeiert und neue Lauf-Pläne wurden geschmiedet - einige Wiederholungstäter werden nächstes Jahr beim 4. Isarlauf wieder dabei sein.

Für mich war dieser Lauf ein tolles Erlebnis. Auch wenn zurzeit der Fuß noch geschwollen ist überwiegen die positiven Aspekte: Ich hatte an einer einzigartigen, sehr gut organisierten Veranstaltung teilgenommen, viel gelernt, neue Freunde gefunden und habe eine wunderschöne Landschaft durchquert.

Insgesamt habe ich für die 322 Kilometer 30 Stunden, 12 Minuten und 27 Sekunden benötigt, was einem Durchschnittstempo von 10,8 km/h entspricht und damit den unerwartet guten 5. Gesamtplatz erreicht. Rene Strosny war als unangefochtener Sieger etwa 3 ½ Stunden schneller. Die beste Frau, Carmen Hildebrand, Deutsche Meisterin 2005 über 100 km und Vorjahressiegerin war 10 Minuten schneller als ich. Der langsamste Finisher, der zurecht auch als Sieger geehrt wurde, war übrigens über 20 Stunden langsamer als der Sieger!

© Michael Irrgang, 31.05.2006

Weitere Info's und Berichte zum Lauf:


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