Zufälliges Zitat

"Schwerkraft ist die Kraft, die einem fehlt, um den schweren Körper leichtfüßig einen Hügel hinauf zu bewegen."

Tobias Lagemann

Nächster Ultramarathon

2. fuldaHÖHENlauf - (m)ein laufHÖHEpunkt

von Manfred Iser

Schon wieder war der Stephan "Schuld". Als ich Anfang dieses Jahres seinen Bericht vom letztjährigem Fuldahöhenlauf (FHL) las Fuldahöhenlauf 2002(http://www.steppenhahn.de/ll/fhl.html), wusste ich eigentlich sofort, das willste auch mal machen. Nachdem ich dann die ersten Hinweise auf eine erneute Austragung im Net gelesen hatte (http://www.waldhessenlauf.de), erste Kontakte mit dem äußerst rührigen Organisator Harald Heyde mich in meiner Absicht bestärkten, war die Anmeldung im April eigentlich nur noch Formsache. Zu verlockend war die Ausschreibung, besonders für einen Ultra-Anfänger wie mich. Tagesetappen, die machbar schienen, trotzdem eine sportliche Gesamtherausforderung, kein Wettkampfstress, reizvolle Umgebung, ganz nette Höhenmeter und insgesamt ein paar nette Urlaubstage. So stellte ich mir das vor (auch wenn mein Kollegen- und Bekanntenkreis sich unter Urlaub was ganz anderes vorstellt). Allerdings, es kam alles ganz anders - es wurde nämlich viel SCHÖNER als erwartet! Doch der Reihe nach.

Bereits im Vorfeld wurden alle Interessenten immer wieder von Harald per eMail von aktuellen Veränderungen bzw. im Net über den aktuellen Stand informiert. Auch für diese "kommunikative Meisterleistung" mein Dank an Harald. Überhaupt kann ich vorwegnehmen, dass Harald in bewundernswerter Ruhe und äußerst professionell - zusammen mit allen z.T. erst kurzfristig "rekrutierten" Helfern (und -rinnen natürlich) - und seinen eigenen Empfindungen manchmal zum Trotz die gesamte Organisation gemeistert hat. Auch die am Abend bei den Vorbesprechungen eigentlich immer recht ausgelassene, humorvolle Stimmung ließ er geduldig über sich ergehen. Großartig und gleichzeitig nochmals ein dickes DANKE an Alle, die am Gelingen dieses Events beteiligt waren.

Sonntag, 4. August 2002 (Anreise, Vorbesprechung)

Abfahrt mit dem Auto bei noch leichtem Regen, Ankunft dann in Hannoversch Münden bei Sonne (na ja, und ein paar Wolken). Ich hatte mir überlegt, mit dem Auto zum Zielort zu fahren und von dort zum Treffpunkt in Gersfeld unterhalb der Wasserkuppe mit dem Zug weiterzufahren. So brauchte ich mich die ganzen Tagen nicht um den Autotransport zu kümmern und war trotzdem zur Heimreise von irgendwelchen Zugplänen unabhängig. Leider erlebte ich bereits am Bahnhof von Hann. Münden die erste Überraschung. Wegen von mir auf den vielen Zetteln nicht genau zu lokalisierenden Bauarbeiten und Streckensperrungen wusste ich nicht, ob meine so schön ausgedachte Zugverbindung überhaupt noch Bestand hat. Schließlich fuhr ich einfach mit den jeweils gerade kommenden Zügen los und war so um einiges eher in Fulda als geplant. Das nützte mir aber gar nix, da der nächste Zug nach Gersfeld eben doch erst zur bekannten Zeit fuhr. So vertrieb ich mir mit Kopfhörer, Sonne und noch'n paar Erdenbürgern die Zeit vorm Bahnhof. Wie sich später dann herausstellte zusammen mit Gudrun und Werner, aber ohne dass wir uns "identifizierten". Ohne Laufdress sehen auch Läufer im allgemeinen "normal" aus.

Nach kurzer "Zugbummelfahrt" dann Ankunft in Gersfeld, wo sich plötzlich noch Mehrere als Teilnehmer "outeten", so dass der Weg zur Jugendherberge 1. kein Problem und 2. schon recht lustig war. Hier bereits - und das setzte sich in der JH fort - waren die ersten Kontakte geradewegs so, als würde man sich schon ewig kennen.

In der JH Begrüßung von einem "Zivi" - der Herbergsvater schlief aufgrund vorabendlicher Nachwirkungen - und flugs ging's auf die, na ja, recht einfachen Zimmer. Wer mit wem war hier zumindest noch kein Problem, man kannte sich ja eh noch nicht.

Als dann Alle - von den erst am Fuldahöhenlauf 2002nächsten Tag Anreisenden abgesehen - versammelt waren, gab's die erste Vorbesprechung über den Ablauf des nächsten Tages incl. Eintragen der Route in den verteilten Kartenkopien.

Abendessen, Klönschnack hier und da, hoffnungsvolles Blicken gen Himmel und schon war der erste Tag Vergangenheit. Ich für meinen Teil hatte beim Einschlafen überhaupt nicht das Gefühl, unter "Fremden" zu sein und damit auch keine Probleme mit dem Einschlafen. Vielleicht war ich die ganze Situation aber durch häufiges Schlafen in Massenquartieren (Turnhallen) auch nur schon zu gut gewohnt.

Montag, 5. August 2002 (Rhönquelle - Fulda, 35km, +44m, -619m)

Nachdem auch noch die letzten Nachzügler angekommen waren, stand nun endgültig fest, dass immerhin 17 LäuferInnen (6 Frauen, 11 Männer) an diesem Lauf teilnehmen wollten. Darunter auch etliche mit gehöriger Ultraerfahrung (Else Bayer, Beatrice Boesch, Christine Freter-Karl, Marion Hümmelink, Friederike Makowka, Gudrun Peschel, Joachim Barthelmann, Dietrich Eberle, Michael Göhner, Jörg Just, Hubert Karl, Karl-Heinz Mehde, Werner Peschel, Lothar Preißler, Helmut Reingen, Rainer Schädlich und meine Wenigkeit). Nicht zu vergessen natürlich die "2. LäuferInnenhelften" Brigitte Barthelmann, Monika Preißler und Martin Bayer, die sich dankenswerterweise als HelferInnen mit zur Verfügung stellten (was hätten wir nur ohne euch gemacht?).

Entschieden zu lang dauerte uns allen das Warten auf den ersten Start; dieser war anders als an allen folgenden Etappen erst für 11 Uhr angesagt, da zunächst per Kleinbus der Transport zur Quelle an der Wasserkuppe durchgeführt Fuldahöhenlauf 2002werden musste. Reichhaltiges Frühstück (dies sollte auch in den nächsten Tag ein nichtläuferisches Highlight bleiben! Wohl dem, der wie ich vor dem Lauf seinem Hunger "freien Lauf" lassen konnte.), die ungewohnt fehlende Hektik und weiterer Small-Talk ließen letztendlich die Zeit aber dann doch recht schnell vergehen. Nach selbst im Auto spürbarem Anstieg dann am Start schnell noch einige Fotos - es war in immerhin rund 900m Höhe, Regen in der Nacht und morgendlichem Frühnebel, doch empfindlich kühl für uns "Nackedeis" - und schon ging's stark bergab.

Heute waren ja fast "nur" Negativ-Höhenmeter angesagt. So sollte es auch kommen, dass selbst erfahrene LäuferInnen nicht ohne anschließendem Muskelkater davonkamen. In anfänglich landschaftlich reizvoller Umgebung ging's eben stetig bergab, später dann - auf den immer flacher werdenden Stellen - wurde es manchmal auch schon allen mehr oder weniger bekannt "feldwegig". Die bald aufkommende Sonne und damit verbunden auch recht spürbare Sommerhitze ließen die Zeit zwar recht schnell vergehen; trotzdem war ich gar nicht so traurig, nach rund 3 ¾ h das erste Mal das Ziel erreicht zu haben. Wie gesagt, schon mit leicht lahmen Beinen und sich anbahnendem Muskelkater. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass das auch vielen Anderen so ging! Kleine Episode am Rande: wie auf mehreren Etappen lief ich mit meinem Handy, schon allein, um im Notfall (Verlaufen) anrufen zu können. Just als ich über die provisorische Ziellinie lief - fast auf den Zentimeter genau - klingelte eben jenes technische Spielzeug. Ich wusste das in diesem Moment erst gar nicht richtig einzuordnen, Ziel mit akustischem Signal? Na ja, im Gegensatz zu manch Anderem (*g*) brauchte ich "das Ding" in den nächsten Tagen nicht und ließ es auch des öfteren "daheim".

Nach kurzem Fußmarsch war schon die - bedeutend modernere - JH erreicht. Diesmal langte ich auch bereits beim Abendbrot "unanständig" zu. Bei der Zimmerbelegung entwickelten sich schon erste Grüppchen. Dies sollte sich in den nächsten Tagen verstärkt auch beim Laufen wie auch den Mahlzeiten oder Freizeiten so einstellen. Allerdings bedeutete dies eben NICHT ein sich Abkapseln von den Anderen, sondern war mehr typ-, interessen- oder sportleistungsmäßig bedingt.

Mit ein bisschen Bammel vor der kommenden längsten Etappe legte ich mich dann recht früh schon auf's Ohr.

Dienstag, 6. August 2002 (Fulda - Bad Hersfeld, 49km, +708m, - 786m)

Erfreulicherweise erneut angenehm trockenes, später auch recht warmes sonniges Wetter, ließ mich diese "Königsetappe" voller Erwartungen angehen, gut gestärkt wie immer. Da ich doch spürbaren Muskelkater hatte (und wie gesagt von den Anderen noch nix wusste), ich mir auch nicht so recht im Klaren war, wie ich diesen Lauf und all die noch folgenden überstehen würde (die Wochengesamtleistung überstieg alles bei mir bis dahin Dagewesene), ging ich's ruhig an. Auch den ganzen Tag über gemächliches Tempo, bergauf ein bisschen flotter, bergab um so zurückhaltender (die Oberschenkel!). Immer mit der Ungewissheit der nächsten Tage im Kopf. Eben wegen dieser sollte ich heute auch meine ersten "Hänger" haben, die auch mich - für vielleicht den einen oder anderen überraschend *g* - länger still werden ließen!

Insgesamt eine sehr schöne und Fuldahöhenlauf 2002abwechslungsreiche Strecke, mit teilweise recht heftigen Anstiegen, ließ den Tag nicht langweilig werden. Zwischendurch, im so beziehungsreich genannten Ort "Wetzlos", fiel mir Harald's Beschreibung dieser Route im Internet ein. Irgendwie auch schön, das vorher nur theoretisch "Verinnerlichte" nun leibhaftig (schmerzlich?) zu erleben.

Vor Hilpershausen, der letzten Verpflegungsstation, erwischte es erstmalig auch mich, zusammen mit Gudrun, Friederike, Werner und Hubert. Wir hatten uns verlaufen! Da der Ort aber unten im Tal zu sehen war, kein größeres Problem - sind halt nur aus der falschen Richtung gekommen. Später klärte mich ein Blick auf die Karte auf, dass es tatsächlich wohl kaum ein Umweg war. Zeit kostete uns allerdings kurz vorher hinter der "Mengshäuser Kuppe" das Suchen des richtigen Weges. Hier machte sich bezahlt, dass wir "in Gruppe" liefen - so konnte in verschiedene Richtungen gleichzeitig "spioniert" werden.

Eine kurze Orientierungsunsicherheit im Kurpark von Bad Hersfeld - also unmittelbar vorm Ziel - und schon war dieses harte Stück Arbeit geschafft. Zwar nicht wie in Stephan's Bericht aus dem letzten Jahr erwähnt in 8 Stunden, doch unsere Planungen von 6 Stunden überschritten wir dennoch um gut eine halbe Stunde. Nun, wenn man die schlechten äußeren Rahmenbedingungen 2001 berücksichtigt, dann war die zunächst so unmöglich erscheinende 8h-Angabe gar nicht mehr so unrealistisch.

Für diese lange Tagesetappe wurden wir dann aber mit dem erlaubten Besuch der Römertherme und anschließender Besprechung samt gutem Essen im Kurparkhotel belohnt. Rainer und ich griffen hierbei zu der doch etwas ungewöhnlichen Maßnahmen, nach dem ersten Essen gleich noch eine zweite Hauptmahlzeit zu bestellen (und zu essen natürlich). Witzigerweise waren es dann am nächsten Tag auch wir beide, die die Etappe "gewannen"! Also, richtig essen heißt die Devise! (Na ja, man muss nur dran glauben. Später sollte das auch nicht mehr so ganz funktionieren).

Da in Bad Hersfeld keine Jugendherberge war, mussten die meisten von uns noch zum Etappenziel des nächsten Tages, Rotenburg, fahren. Der Versuch, ein Großraumtaxi zu chartern endete mit großem Gelächter bevor er begann: 90 sollten für die nur ca. 20km lange Strecke bezahlt werden! Da muss wohl jemand die Kosten für die Fahrt mit der Anzahl der Personen multipliziert haben! Nun denn, dank freundlicher Unterstützung von Michael und Joachim konnten wir mit Privat-PKW zur JH gebracht werden.

Mittwoch, 7. August 2002 (Bad Hersfeld - Rotenburg, 27km, +604m, - 622m)

So, das sollte MEIN Tag werden! Heute hatte ich mir vorgenommen, diese "Sprintdistanz" auch entsprechend zu laufen. Irgendwie war das langsame Laufen zwar notwendig, andererseits konnte es aber auch recht ermüdend/anstrengend sein. Außerdem wusste ich ja anhand der Angaben und der Vorbesprechung, dass heute relativ gesehen mehr Höhenmeter zu bewältigen waren - und darauf freute ich mich!

Zunächst aber mussten wir mit dem Zug wieder zurück nach Bad Hersfeld zum Start. Mit dem Sonnenschein war nix mehr, es regnete - und dabei sollte es die ganze Etappe bleiben. Nichtsdestrotrotz war "Kurz" und ohne irgendein Zusatzgepäck angesagt (bei dem Wetter schien mir Fotografieren mit meiner kleinen Kamera ohnehin keinen Sinn zu Fuldahöhenlauf 2002machen). Nur Jörg, nun ja, der konnte sich von seiner Spiegelreflexkamera (!) nicht trennen. Das sollte sich auch in den nächsten Tagen nicht ändern, anscheinend brauchte er das Gewicht in der Hüfttasche ;-)) (Gottlob, denn so wurden uns noch etliche schöne Bilder geschenkt. Danke Jörg!)

Schon bald nach dem Start ging's am Ortsende bereits hoch, um dann in Wiesengelände und recht "abenteuerliche" Wege zu münden. Immer wenn man meinte, das sei doch eigentlich kein Weg zum Laufen, war Jörg in seinem Element - unterbrochen durch seine ständigen Samariterdienste für verirrte Schnecken. Diese mussten selbstverständlich wieder auf den rechten Weg gebracht werden!

Nach Mecklar dann die m.E. nach erste richtig große Herausforderung - diesmal eine Steigung, die sich lange hinzog und durch mehrere Kurven das Ende auch nicht einsehbar war. In einem ständigen Auf- und Ab ging's so sehr abwechslungsreich und schön - trotz des Dauerregens - gen Rotenburg. Recht früh kristallisierte sich heraus, wer heute vorn laufen sollte (und damit auch für die Markierungen an nicht so eindeutigen Stellen zuständig war). Bergauf Jörg, Michael und ich, bergab gesellte sich zu mir dann wieder Rainer, unser "Kamikaze-Bergabläufer". Vor der letzten Verpflegungsstation war dann von den beiden "Youngstern" nichts mehr zu sehen - und siehe da, Rainer und ich waren als erste da! Wo waren die beiden? Nun, vor dem abenteuerlichen Bergablauf auf nur entfernt einem Wanderweg ähnelndem Trampelpfad, tief-schlammig und "pfützig" (hier verlor ich meinen linken Schuh! Oh wie schön das Wiedereinsteigen mit Matschstrümpfen!), mussten sich die beiden verlaufen haben. "Siegesgewiss" und weitestgehend von Autos verschont liefen wir zwei zunächst mitten auf der Straße die letzten drei km nach der Verpflegung durch den Ort dem Ziel entgegen. Doch wo war der angekündigte heftige Schlussanstieg? Oh je, verlaufen! Zu lange auf der Straße geblieben mussten wir nun - an der JH vorbei (!) - etliche Meter mehr bis zum Marktplatz zurücklegen. Natürlich war dann wenigstens Schlussspurt angesagt - und so kamen wir tatsächlich einige Sekunden vor Jörg und Michael (aus falscher Richtung) an. Diese berichteten nun von einem sagenhaften An- und Abstieg (wir hatten die Abzweigung ca. 500m nach der Verpflegung verpasst) und so kam einer auf die Idee (war's Rainer?) doch nochmal zurück zu laufen, um uns beiden Straßenläufern dieses Phänomen auch noch genießen zu lassen. Davon war ich zunächst überhaupt nicht begeistert, doch dann fand ich es so verrückt, dass es schon wieder reizvoll erschien. Also gesagt getan, den irritiert dreinblickenden weiteren gen Ziel Laufenden entgegen, gönnten wir uns also noch diesen "Spaß". Die Nässe machte dieses ohnehin recht schwierige Stück noch "attraktiver" und so hatte ich teilweise überlegt, vielleicht besser runter zu rutschen als zu laufen. Zum Glück heil an der Straße angekommen, liefen dann Jörg, Michael und ich - sozusagen zum Auslaufen - wieder auf Teer zurück zur JH (diesen Weg war ich doch gerade schon gelaufen? ;-) ). Rainer jedoch ließ es sich nicht nehmen, wieder den Berg für den Rückweg zu wählen! Verrückt.

Donnerstag, 8. August 2002 (Rotenburg - Melsungen, 38km, +830m, - 840m)

So langsam war mir klar, dass meine ursprünglichen "Ängste" vor der langen Etappe am Dienstag über 49km unbegründet waren - die nachfolgenden Etappen waren nämlich z.T. schwieriger! So auch heute. Mit "nur" 38km, dafür aber einige Höhenmeter mehr als am Dienstag, sollte es wieder so richtig rund gehen. Damit's nicht gar zu einfach wird, kam von Anfang an so "richtig nasser" Regen auf uns nieder - natürlich nur bis zum Ende der Etappe!

Doch der Reihe nach. Aus Rotenburg raus Fuldahöhenlauf 2002ging's mit einem "örtlichen Führer". Doch wer glaubte, dann müsse man ja nicht auf den Weg achten, sah sich getäuscht! Die "Vorhut", zu der ich leider auch gehörte, stellte nach einigen km außerhalb von Rotenburg irgendwann den Weg in Frage - und siehe da, hinter uns kam keiner mehr! Verlaufen. Also zurück und nun nach dem Motto, die Letzten werden die Ersten sein (oder umgekehrt). 1,5 bis 2km gab's so oben drauf. Gleich zu Beginn unserer "Aufholjagd" mussten wir "Wege" passieren, die als solche manchmal gar nicht erkennbar waren. Brennesseln und ähnliches Gestrüpp samt Schlammweg durften sowieso nicht stören. Nun gut, irgendwann tauchten die Letzten dann wieder auf und so allmählich ging's wieder nach vorne.

Die Höhenmeter zusammen mit dem Fuldahöhenlauf 2002Dauerregen machten auch diesen Tag zu einem echten "Erlebnis" und mit noch einer letzten Verpflegungsstation kurz vor dem Ziel war's dann nach nicht ganz 5 Std. wieder einmal geschafft und wir liefen auf dem Marktplatz des schönen Städtchens Melsungen mit seiner historischen Altstadt ein.

Eine gewisse - nicht erwartete - Spannung, die sich bereits an der ersten Verpflegungsstation anbahnte, blieb bei uns allen auch noch nach dem Zieleinlauf - Helmut wurde vermisst! Der eine meinte ihn hier gesehen (oder von ihm gehört) zu haben, der andere dort. Gottlob kam dann irgendwann ein Anruf, alles sei o.K., er sei schon rund 10km vor Melsungen! Tatsächlich traf er dann rechtzeitig zum Abendessen - also nach rund der doppelten Zeit von uns anderen - in der JH mit einem Lächeln und bester Laune ein. Er hatte sich eben "nur ein bisschen verlaufen".

Freitag, 9. August 2002 (Melsungen - Kassel, 33km, +388m, - 432m)

Erfreuliches bereits vor dem Start - Marion, die wegen fürchterlicher Blasen unterm Fuß nach der Dienstag-Etappe pausieren musste, wollte wieder mitlaufen! Und - das sei vorweggenommen - sie überstand die beiden letzten Etappen zu unserer aller Freude bravorös!

Zur Abwechslung heute mal wieder Sonne satt! Deswegen (oder eher wegen der bereits zurückgelegten Strecke?) fing ich heute so ab ca. km20 an, zu schwächeln. Zwar blieb die meistens aus einem Trio bestehende Spitze in Sichtweite, doch fiel's mir zunehmend schwerer, den Anschluss nicht zu verlieren. Vielleicht hatte ich auch wegen meiner "Lust auf Berg" in der ersten Hälfte (hauptsächlich hier lagen die Höhenmeter) einiges Pulver verschossen. Dennoch war's natürlich wieder einmal ein Lauf so richtig zum Genießen. Eigentlich wiederholten sich die mittlerweile bereits am fünften Tag gesammelten Eindrücke so gut wie nie. Bestes Beispiel: Ich machte mal 'ne Bemerkung wegen der unterschiedlichsten Bodenbeläge, dass eigentlich nur Kopfsteinpflaster fehlte - prompt kam das einige km weiter im nächsten Ort! Aber die Abwechslung in den Bodenbeschaffenheiten machte ja nur einen Bruchteil der Schönheit dieses Laufes aus.

Gegen Ende dieses Tagesabschnittes - Fuldahöhenlauf 2002mit einer km-langen "Zielgeraden" - konnte ich mir dann wieder den Luxus eines "Schlusssprints" mit Jörg, Michael, Hubert und Rainer leisten. Aber das war ja eigentlich alles nicht so wichtig, wenngleich auch mal ganz gut für die "Wettkampfseele".

Nach wenigen Minuten kamen dann auch Gudrun und Werner und zusammen ging's dann - völlig ungewohnt - durch die belebte Innenstadt von Kassel zur Jugendherberge. Irgendwie wirkten wir mit unserer bunten, verschwitzten Laufbekleidung schon ein bisschen exotisch, deshalb mussten wir auch noch extra über ein Marktgelände (nein, war nur der kürzeste Weg). Neben der Documenta zog auch ein am Abend stattfindendes Radrennen mit Erik Zabel manch einen Besucher an. Entsprechend voll war dann auch die zwar moderne aber unpersönlich große und wenig flexibel auf unsere Wünsche reagierende Jugendherberge.

Mit ein bisschen "Tricksen" bekam dann doch jeder mehr oder weniger die gewünschte (oder sogar bestellte!) Unterkunft.

Wie jeden Abend, so entstand auch hier kein "Gruppenzwang"; die einen gingen zum Radrennen, die anderen unterhielten sich bei (gutem!) Essen am Büffet oder gingen sonstwie ihren Wünschen nach. Wohl jeder dachte mit etwas gemischten Gefühlen an den morgigen Tag - sollte es doch schon der letzte sein ;-((

Samstag, 10. August 2002 (Kassel Hann. Münden, 30km, +491m, - 541m)

Nun sollte also tatsächlich schon der letzte Tag dieser wunderschönen Woche beginnen. Wenn wir auch nicht weinten, der Himmel tat's - und wie! Bereits auf den zwei km zum Start stellten wir uns für kurze Zeit unter, im Glauben, dieser Guss müsse ja mal aufhören. Na ja, weniger wurde es dann zwar ein bisschen, aber nass ist halt nass. Was soll's, wenigstens war es warm genug. Über die schöne "Drahtbrücke" ging's schon nach kurzer Zeit aus Kassel raus und rechtzeitig zum ersten Anstieg fing dann auch wieder so richtig das Schütten von oben an - mitsamt Gewitter und alles pechschwarz wie die Nacht. Im Wald war kaum noch was zu sehen, keiner machte das Licht an. So ging's dann km um km, rauf und runter, teils halsbrecherisch - Konzentration war gefragt! Das erste Mal wieder im Tal an der Fulda befürchtete ich schon, der vorgegebene Weg wäre gar nicht mehr belaufbar und tatsächlich, das Wasser nahm schon bedrohliche Höhen an. Nun ja, die Schuhe blieben halt immer sauber ...

Irgendwann laute Rufe in der Frontgruppe - was war los? Eigentlich gar nix, nur aufpassen war angesagt, um nicht bis sonstwohin zu versinken. Das war alles so abenteuerlich, dass wir schon wieder alle drüber lachen mussten. Was sollte es auch? Ändern konnten wir's ohnehin nicht und außerdem war's ja die letzte Etappe - eine mit Erinnerungswert!

Zwischenzeitlich hieß es dann nicht, diesen Weg müssen wir nehmen, nein, besser war, immer bachaufwärts laufen! Auf schmalem Pfad, ein dicker Rinnsal uns entgegenlaufend, ging's bergauf im natürlich wieder dunklen Wald. Plötzlich - was war das denn? Von hinten kam völlig "abgekämpft" der eigentlich führende Jörg angerannt! Tatsächlich, seine Spezialität beim Alleinlaufen - mal wieder verlaufen! Und im Renntempo rollte er das ganze Feld wieder von hinten auf. Schön für mich, so konnte ich wenigstens ein Weilchen wieder dran bleiben (ich merkte nun doch schon die vergangenen Tage in meinen Beinen, nie war ich bisher so viele km in einer Woche gelaufen!).

Abenteuerlich von den Bedingungen her, ging's dann weiter - ein kurzer "Fototermin" kurz vor dem Ziel an der Tilly-Schanze mit herrlichem Blick in den unten liegenden Ort - und dann hatten wir es tatsächlich geschafft! Erst noch eine kleine unfreiwillige Ehrenrunde in Hann. Münden und da war er nun - der Weserstein! 212km (offizielle, tatsächlich einige mehr) in 6 Tagen mit insgesamt beinahe 4000 Höhenmetern, für alle ein schönes Stück Arbeit - ganz gleich bei welchem Leistungsvermögen.

Mit einer schönen "Siegerehrung" Fuldahöhenlauf 2002und Essen in der JH "satt" ging diese herrliche Woche zu Ende. Zusammen mit einigen anderen TeilnehmerInnen gönnte ich mir noch den Luxus, den Tag in Ruhe ausklingen zu lassen und nach einer Übernachtung in der JH erst am nächsten Morgen die Heimfahrt anzutreten. Mein Auto hatte ich gleich vom Ziel aus zum Bahnhofparkplatz laufend abgeholt und konnte es nun als "Taxi" für mit dem Zug Heimreisende nutzen.

Fazit

Trotz der Länge dieses Berichtes ist es mir nur in Ansätzen gelungen, meine - aber auch die der anderen TeilnehmerInnen (!) - Begeisterung zum Ausdruck zu bringen. Es war beileibe nicht nur die wunderschöne und aufgrund der Wetterbedingungen teilweise unfreiwillig "abenteuerlich" gewordene Strecke. Mag sein, dass es auch noch andere ähnlich schön geführte gibt. Ja, ich bin mir fast sicher, dass dem so ist. Und trotzdem. Vom Anfänger wie mich und Helmut z.B. bis hin zum gestandenen und erfahrenen Ultraläufer wie beispielsweise Rainer, Hubert, Joachim oder Else - alle haben auf ihre Weise die Tage genossen und ihre eigene Herausforderung gesucht, gefunden und eben auch genossen.

Überhaupt, beim Schreiben dieser Zeilen fällt mir ein Satz ein, den ich im Editorial der Runner's World 9/02 zur Alpenüberquerung gelesen habe. "... war erstens die Vielzahl der extrem unterschiedlichen Charaktere, die sich zu diesem Abenteuer zusammenfanden, und zweitens die enorme Harmonie selbst unter Extrembedingungen." Natürlich ist dies auf unser "Abenteuer" nur abgeschwächt übertragbar, im Kern aber ebenso zutreffend. Ich habe es genossen, mit z.T. sehr unterschiedlichen "Typen" (in vielerlei Hinsicht) zusammen zu sein, mich auch außerhalb des Laufthemas unterhalten zu können, ja auch, die eine oder andere kleine "Macke" von so ziemlich jedem beobachten zu können/dürfen. Neben dem reinen Laufspaß war auch die fröhliche/lustige Stimmung ein ständiger Motivator. Selten in einer Woche soooo viel gelacht! (Und das, obwohl ich mich für einen sehr fröhlichen Menschen halte.)

Auch wenn für mich beinahe ALLES neu war und somit nicht jede Aussage für jeden Teilnehmer in gleicher Form gelten mag, so zeigen auch die Statements auf Harald's Internetseite zum FHL, für wie gelungen diese Veranstaltung gehalten wurde. ICH jedenfalls bin nun endgültig vom Etappenlauf infiziert und blicke beinahe mitleidig auf "die Armen", die sich bei einem 10km-Wettkampf die Lunge aus dem Hals rennen, um vielleicht 5 sec schneller als das letzte Mal zu sein. Damit keine Missverständnisse aufkommen, alles hat seine Berechtigung und schließlich gehörte ja auch ich einige Jahre zu den "Kurzstreckenläufern". Doch gerade der fehlende (Wettkampf-)Druck machte diese Woche - neben vielen anderen Dingen - so wunderbar.

Nun heißt es hoffen, dass auch im nächsten Jahr eine Teilnahme möglich sein wird, am besten auch noch bei dem erstmals von Harald ausgerichteten Wildbahnlauf (Näheres auf seiner Homepage).

Zum Abschluss noch ein Wort in eigener Sache (wie's immer so schön heißt): All die, die textlich oder bildlich zu kurz gekommen sind, bitte ich um Entschuldigung, aber mein größtes Problem bei diesem Bericht war der Verzicht! Dies fiel mir besonders bei den wunderschönen Bildern von Jörg äußert schwer ;-((

Braunschweig, im August 2002

by Manfred Iser, Braunschweig

Fotos by Jörg Just, Oberhausen, Helmut Reingen, Alsfeld, und Manfred Iser, Braunschweig


© Manfred Iser , August 2002
manfred.iser@t-online.de

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