Tritt ein, bring Glück herein

Stop, leider geschlassen!

 

Bericht zum Worldrun aus der Zeitung - Ultramarathon beim Steppenhahn (01.2004)

Zufälliges Zitat

"This course is so hard I won't even have to lie about it when I get home."

Unknown

Nächster Ultramarathon

In den Bremer Nachrichten erschien der folgende Artikel zum Thema WorldRun:

(Uli Schulte nutzte das Zusammentreffen in Bremen für ein Interview)

Jörg Niemeyer , 21. Januar 2004

In zwei Jahren von Greenwich nach Greenwich

Hinter Jesper Olsen und Alexander Korotkov liegen die ersten 925 Kilometer - vor ihnen noch über 25000: Fast jeden Tag ein Marathon

Von unserem Redakteur Jörg Niemeyer

Alexander und Jesper bei der ZeitungBremen-Nord. In 80 Tagen um die Welt - das schaffen der Däne Jesper Olsen und sein russischer Freund Alexander Korotkov nicht. Wollen sie auch gar nicht. Nicht in dieser kurzen Zeit. Sie geben sich etwa zwei Jahre, laufen dafür aber zu Fuß. Insgesamt 26 000 Kilometer in mehr als 500 Etappen. Jeden Tag eine Strecke zwischen 40 und 50 Kilometern, etwa alle zwei Wochen unterbrochen von einem Ruhetag. Worldrun - so heißt das außergewöhnliche Unternehmen des Duos.

Quasi im Vorüberlaufen schauen die angehenden Weltumläufer in unserer Redaktion vorbei. Es ist zwar kein Ruhetag, doch weil der befreundete Nordbremer Ultramarathonläufer Uli Schulte ihnen für zwei Tage Kost und Logis gewährt und sie von den Etappenzielen Osterholz-Scharmbeck und Ebersdorf abholt, nutzen die Extremsportler die Gelegenheit zu einem Abstecher. Bestens gelaunt stehen sie Rede und Antwort, bevor es eine Stunde später - dann am Zielpunkt des Vorabends in Ebersdorf an der Bundesstraße 74 - weiter geht in Richtung Greenwich.

Dort in England, wo der nullte Längengrad die Stadt durchzieht, sind der 45-jährige Computer-Programmierer Alexander aus St. Petersburg und der 33-jährige Mitarbeiter des Forschungsinstituts für politische Wissenschaften Jesper aus Kopenhagen am 1. Januar 2004 gestartet. Und Greenwich wird irgendwann im Herbst 2005 auch das Ende des Super-Langlaufes erleben.

Was dazwischen liegt - was alles passieren wird - ob die Beine tragen, die Gesundheit mitspielt - ob die Psyche der unglaublichen Belastung gewachsen sein wird: All das wissen die Zwei nicht. Und auch nicht, wie es danach für sie weiter gehen wird. Jesper möchte wohl an seinen Arbeitsplatz zurück gehen, Alexander, so scheint es, vermutlich nicht. "Vielleicht wechsle ich danach zum Triathlon", erklärt der verheiratete Mann und Vater zweier Jungs im Alter von 20 und zwölf Jahren lachend und in englischer Sprache. Bevor der Russe vor acht Jahren zum Langlauf kam - Marathon-Bestzeit: 2:49 Stunden -, war er nämlich in erster Linie Schwimmer gewesen.

Die ersten Etappen, immerhin in der Summe schon 925 Kilometer, hat das Duo offenbar leicht und locker zurück gelegt. Sie sehen blendend aus. Durchtrainiert, ausgeschlafen und fröhlich. Das muss wohl an ihrer inneren Einstellung liegen, denn: "Das Wichtigste", sagt Jesper in hervorragendem Deutsch, "das Wichtigste ist die Psyche. Viel wichtiger als eine gezielte sportliche Vorbereitung." Immer wieder hat sich der unverheiratete Däne, der seit 15 Jahren Marathons läuft - Bestzeit 2:27 -, mit dem Gedanken vertraut gemacht: "Willst du wirklich zwei Jahre fast jeden Tag laufen? Willst du wirklich auf so vieles verzichten?"

Alexander und Jesper bei der Zeitung
Alexander und Jesper umrahmt von Uli Schulte und Step Steppenhahn

Alexander und Jesper haben die Fragen mit Ja beantwortet. Zehn andere, die vor gut zweieinhalb Jahren die Idee am Worldrun ebenfalls begeistert aufgenommen hatten, entschieden sich nach und nach für ein Nein. So lange ohne die eigene Familie - das wollten sich die Kandidaten aus Kanada, den USA, Niederlanden, Japan, Australien und Deutschland nicht antun. Einige der Abgesprungenen werden in ihren jeweiligen Heimatländern Alexander und Jesper abschnittsweise begleiten. So bleibt der Kontakt bestehen, der einst - auch zwischen Alexander und dem Initiator des Laufes, Jesper - im Internet geknüpft worden war.

Natürlich haben sich Alexander und Jesper auch sportlich vorbereitet. In Mehr-Tages-Läufen. Der Däne in Kopenhagen, der Russe bei den Läufen Paris - Moskau und Moskau - Alma Ata. Da haben sie gesehen, dass es geht. Aber 500 Etappen und mehr lassen sich nun mal nicht vorher ausprobieren. Ob sie es schaffen? Wer will, kann das Abenteuer im Internet selbst verfolgen. Unter zwei Adressen - www.worldrun.org und www.steppenhahn.de - sind Informationen zur Route und auch Reiseberichte der Läufer zu finden. So detailliert die Webseiten sind, so genau wurde auch der Etappenplan unter Federführung von Alexander ausgearbeitet. Das musste sein, um nach Wiederankunft in Greenwich noch einen letzten Sprung, den ins Guiness-Buch der Rekorde, zu schaffen.

Alexander und Jesper sind zwar nicht die Ersten, die die Welt zu Fuß umrunden. Aber sie sind die ersten, die GPS-überwacht ihres Weges dahin ziehen. "Es hat schon Läufer gegeben, die während ihrer Weltumrundung plötzlich nicht mehr aufzufinden waren", lacht Jesper, "anstatt zu laufen saßen sie im Flugzeug." Schummeln ist angesichts der Satelliten-Technik für Alexander und Jesper nicht möglich. Daher laufen sie morgens immer auch exakt dort los, wo sie am Abend zuvor angekommen waren.

Für den finanziellen Rahmen des Worldruns war vor allem Jesper zuständig. "Wir haben einige Sponsoren gefunden, aber es reicht nicht, dass wir jeden Abend im Hotel übernachten können", lacht der 33-Jährige schon wieder. Und selbst wenn es so wäre: Spätestens wenn das Duo am 17. März von Moskau Richtung Wladiwostok aufbricht, dürfte nicht mehr jeden Tag ein Hotel an der Strecke liegen. Wenn es die äußeren Bedingungen zulassen, werden Alexander und Jesper im Zelt übernachten, das ebenso wie ein paar andere notwendige Utensilien im spendierten Babyjogger - einem Kinderwagen für Dauerläufer - transportiert wird.

Vor Greenwich, vor Kanada, vor Australien und vor Japan denkt Alexander zurzeit jedoch vor allem an St. Petersburg. Am 29. Februar, so sieht es der Zeitplan vor, läuft er mit Jesper durch seine Heimatstadt. Dann endlich sieht der 45-Jährige auch Frau und Söhne wieder. "Sie sind für mich im Augenblick das größte Problem", wird der Familienvater für einen Moment nachdenklich. Nicht, weil sie ihm etwa Steine in den Weg gelegt hätten. Sondern weil der Mann sich einfach nicht sicher ist, ob er Kontakt zur Familie ausschließlich über Internet und Telefon bis Ende 2005 wirklich wird ertragen können.

Jesper hat es gesagt: Der Worldrun findet nicht nur in den Beinen, sondern vor allem im Kopf der beiden Athleten statt.


© Jörg Niemeyer , 21. Januar 2004