Jürgen Köllner , 28. Mai 2004

24 Stunden - Lauf DM in Hamburg-Neugraben 22./23. Mai 2004

Veranstalter LGHNF

Frauen:

1. Ilona Schlegel Melpomene Bonn

2. Dr. Anke Drescher SSC Hanau-Rodenbach

3. Marion Braun SV Germania Eicherscheid

4. Marianne Dahl TSG Großburgwedel Weltrekord in W 60 195,975 km

Männer:

1. Jens Lukas LG Nord Berlin

2. Sigurd Dutz Ultra Sport Club Marburg

3. Ralf Steißinger TSV Kusterdingen

4. Claus Wilutzky SCC Berlin

Mannschaftswertung:

1. Platz LG Nord Berlin

Lukas, Jens; Heise, Hans-Peter; Brandt, Michael

2. Platz SCC Berlin

Wilutzky, Claus; Köllner, Jürgen; Ryan, Shakal

3. Platz Ultra Sport Club Marburg

Dutz, Sigurd; Bajohr, Harald; Dautert, Alexander

Nach intensiver Vorbereitung auf die 100 km deutsche Straßenmeisterschaft in Kienbaum am 27. März 2004 wollten 4 SCCer den guten Trainingsstand nutzen, um 8 Wochen später in Hamburg die 24 Stunden Meisterschaft in Hamburg zu bestreiten.

Mit dem in Kienbaum hervorragend bewährten Betreuer/Coaching - Team Franz Feddema und Hans-Jürgen Seydler ging es also gut vorbereitet nach Hamburg.

Eine erste Streckenbegehung zeigte uns eine schwierige (da holperige und eckige) Strecke. Nun gut, es ist heute in Deutschland eine undankbare Aufgabe eine solche Veranstaltung auszurichten. Zusätzlich erschwerte das Laufen die teilweise ungenügende Ausleuchtung der Strecke nachts. Grabkerzen erlöschen nun mal bei starken Wolkenbrüchen gern.

Genug geklagt, die Bedingungen waren für alle gleich und sonst war die Veranstaltung gut vorbereitet und wurde bis auf kleinere Schwächen professionell durchgezogen.

Hier ein Dankeschön für die vielen ehrenamtlichen Helfer, ohne die eine solche Großveranstaltung nicht funktionieren würde.

Es waren 115 Einzelläufer und 57 Mannschaften am Start!

Beim Start um 13:00 Uhr am Samstag waren die Temperaturen angenehm. Allerdings schlug das Wetter fortwährend Kapriolen. Kaum warmgelaufen zog sich der Himmel zu, die Temperaturen fielen und ein starker Wind tat sein übriges, schnell auf lange Laufklamotten umzusteigen. Erste Regenschauer kamen dazu.

Sehr schnell bekamen wir von unseren Betreuern eine erste Laufreihenfolge in meiner AK (M55) mitgeteilt. (1. Claus Wilutzky Vereinskamerad, 2. Hans-Peter Heise LG Nord Berlin, dann ich selbst). Ebenso wurde bei den beiden anderen vom SCC verfahren (Simone Weiske, W35 und Ryan Shakal M40).

Natürlich waren diese Daten nach 4 bzw. 6 und 8 Stunden ohne große Aussagekraft, aber interessant für jeden war es dennoch.

Meine Taktik war, die ersten 100 Kilometer in ca. 11 Stunden zu bestreiten. Kein Gehen, außer kurz bei der Verpflegung und umziehen nur, wenn es notwendig sein sollte.

Dies war dann aufgrund der häufig wechselnden Wetterlage doch öfter notwendig.

Durchweichte Socken mussten ausgezogen, die Füße neu mit Hirschtalg eingeschmiert werden. Durchregnete und durch den kalten Wind untragbare Sachen mussten durch trockene Kleidung ersetzt werden. Im Gegensatz zu manchen anderen Teilnehmern hatte ich mehr als genug Wechselkleidung dabei. Die Strecke im Stadion wurde durch die starken Regenfälle schmierig (lief sich wie auf Schmierseife ;-). Graupel und leichter Hagelschauer fehlten auch nicht. Dies alles bei ca. 3 Grad am frühen Morgen. Hatten wir tatsächlich Ende Mai?

Trotz allem war die Stimmung im Läuferfeld locker. Es war interessant die Spitze zu beobachten (Frauen und Männer - schön wenn man die meisten kennt).

Interessant und wichtig war aber auch das führende Trio bei der M55, gehörte ich doch noch dazu. Wohl wissend, dass die Entscheidung sicher erst am nächsten Morgen stattfindet.

Der Abend nahte, Teatime an der Verpflegungsstelle mit Kuchen (hmm, lecker; hab noch einige Runden zugegriffen  ). Trotz des verhangenen Himmels blieb es bis nach 22:00 Uhr "hell".

Gegen Mitternacht öffnete der Himmel alle Flutventile und versuchte die Läufer zu ersäufen.

Da ich aber im Soll lag, sprich die ersten 100 Kilometer erreicht hatte, flüchtete ich nicht wie viele andere ins Verpflegungszelt. Die nachfolgenden Kilometer wurden langsam eintöniger, da zwischen 2:00 Uhr und 4:00 Uhr nachts doch wesentlich weniger Läufer auf der Strecke waren als zuvor. Außerdem bin ich nach 100 Kilometern eh langsam müde, wissend, dass es noch unendlich weiter geht. Erstaunlicherweise macht der Körper das auch noch ohne großes Murren mit. Das Wetter besserte sich auch: nach Graupel- und Hagelschauern klarte es ab ca. 3:00 Uhr auf und es waren Sterne und eine schmale Mondsichel zu sehen.

4:00 Uhr: endlich wird es am Horizont leicht hell. Wir laufen in einen sonnigen Vormittag. Der Morgen graut, mir graut etwas vor den immer noch 9 zu laufenden Stunden. Woher nimmt der Körper die Reserven. Wird wohl doch das gute Training sein.

Unsere Betreuer haben kein Auge zu getan, immer wieder verlangen sie unerbittlich: lauf.

So sehr ich sie in diesen Momenten verfluche; am Ende bin ich dankbar, fehlten mir doch sonst notwendige Kilometer um meinen 3. Platz zu halten.

Danke Franz und Hans-Jürgen. Ohne euch wäre ich nie und nimmer 3. in der AK 55 geworden.

Ab 6:00 Uhr früh kann ich keine feste Nahrung mehr zu mir nehmen. Aber meine Pfefferminztee/Cola Mischung (erweckt immer wieder Erstaunen bei der Verpflegungscrew) rettet mich über die Zeit.

Bis auf kleinere Schwächephasen habe ich den Lauf bisher gut überstanden. Da ich aber um die Problematik weiß, überrascht es mich nicht sehr, gegen 8:00 Uhr Wadenkrämpfe rechts zu spüren. Da ich im Vorfeld genug Magnesium zugeführt hatte, tippe ich auf Kochsalzmangel. Also im Verpflegungszelt selbiges zu mir genommen, eine halbe Stunde immer wieder etwas gegangen und schon 'lief' es wieder 

Natürlich schrumpfte in dieser Zeit der Vorsprung auf meinen 'Verfolger' etwas. Umso schlimmer, dass sich 2,5 Stunden vor Ende der Veranstaltung die Malaise wiederholte, dieses mal Kochsalz aber nicht half. Scheinbar war die Muskulatur nun doch überreizt.

Auch Claus hatte inzwischen Probleme, sie aber über eine gute Massage im Zelt gelöst.

Hans-Jürgen riet mir nach ca. 1 Stunde engagiertem Gehen (falls man das einbeinige Hasengehoppel so nennen möchte) zur Massage. Meine Hochrechnung sagte mir auch, der dritte Platz ist mit dem Gehoppel nicht zu halten. Also ab ins Zelt und eine sehr schmerzhafte aber hilfreiche Massage bei sehr engagierten Masseuren absolviert. Anschließend gelang es mir - in einem meditativ aufgebauten 'Tunnel' laufend - die restlichen 1,5 Stunden zu absolvieren. Ich lief, laut Aussage unseres Coachs, ohne irgendwelche äußeren Bedingungen wahrzunehmen bis zur letzten Runde immer schneller durch. Dieser mentalen Stärke verdanke ich eine neue Bestleistung von 184 Kilometern.

Die Siegerehrung wurde dann sehr ansprechend vom Ausrichter gestaltet.

Anschließend fuhren wir in unser Hotel und holten den versäumten Schlaf nach.

Nachdem nun der Lauf mit meinen Sportkameraden besprochen ist und die meisten Eindrücke mental geordnet sind, hoffe ich, die neuen Erkenntnisse beim nächsten Ultralauf positiv umsetzen zu können.

Jürgen Köllner im Mai 2004

Ergebnisse unter: http://www.mika.de/f.04_ergebnisse.htm


© Jürgen Köllner, 28. Mai 2004

Weitere Info's und Berichte zum Lauf: