Zufälliges Zitat

"Any idiot can run a marathon - it takes a special kind of idiot to run an ultramarathon."

Alan Cabelly

Nächster Ultramarathon

Thomas Enck , 27. Juli 2004

Marathon in Bad Pyrmont

(oder eine Säge ist gar nix dagegen)
...in 4h 44 min und 45 sec! :-((

Ich bin ja gewarnt worden. Vor dem in der Regel schwülwarmen Wetter und dem Profil (690 HM) beim Pyrmont-Marathon. Das Wetter war nicht schuld an meiner Zeit: ca 23 Grad, der Schwüle der letzten Tage war gewichen, außerdem verlief die Strecke überwiegend im angenehm schattigen Wald. Das Profil war natürlich auch nicht "schuld", sondern ich bin dafür selbst verantwortlich: Ich hätte mir den Bericht von Paßt-Schon-Rolf im Steppenhahn über die 2002er Ausgabe besser durchlesen sollen. Denn da stand genau drin, daß die eigentliche Härte dieses Laufes der ständige Wechsel zwischen Gefälle und Steigungen ist. Da ich schon den Rennsteig- und Arolsen-Marathon erfolgreich absolviert hatte, habe ich mir wohl vorher nicht ausreichend Gedanken gemacht. Zu Unrecht. Zwar habe ich mich von vorneherein ins hintere Feld eingeordnet und bin auch moderat auf eine Zielzeit von 4h 15min angegangen, womit ich laut Ergebnisliste der Vorjahre auch in der zweiten Hälfte der Finisher "gelandet" wäre. Aber ich war wohl doch noch zu schnell. Außerdem rächte sich, daß ich meine extrem flachen Haustrainingsstrecken zu wenig in Richtung profiliertem Gelände in der weiteren Umgebung verlassen habe.

Aber der Reihe nach: Die angenehme Startzeit um 14.00 Uhr ließ eine gemütliche Anfahrt noch am Vormittag zu. Parkplatz perfekt und kostenlos in der Nähe des Starts. Dort war um 12.30 noch recht wenig Betrieb, so daß die Anmeldeprozedur nach übers Internet erfolgter Voranmeldung problemlos über die Bühne ging. Noch ein wenig umgeschaut, die üblichen Vorbereitungen und der Start rückte näher. Der Veranstalter hielt eine kurze Ansprache, von der ich leider nichts verstand, da die Beschallung der Boxen nicht bis ins hintere Starterfeld reichte, zumal meine dort versammelten Mitstreiter nicht in ihren angeregten Unterhaltungen verstummen wollten. Überhaupt schien das Teilnehmerfeld nur aus "Cracks" zu bestehen, zahlreiche Trikots z.B. des 100MC oder vom K78 zeugten davon, Horst Preisler ist auch da (ihn habe ich das erste Mal 1997 in Berlin-Hellersdorf "wahrgenommen". Als ich mich im Ziel bereits lange Zeit ausruhte, kündigte der Stadionsprecher ihn als Rekordmarathoni mit über 600 Läufen an. Ich dachte mir, na, dafür ist seine Zeit aber ziemlich mau... Bis der Sprecher ergänzte, daß Preisler geradewegs aus Biel gekommen sei, wo er am Samstag die 100km beendet hätte, um dann die ca 1000km nach Berlin durchzustarten - nein, nicht zu Fuß - und dort am Sonntag Morgen um 08.00 Uhr an der Startlinie zu stehen...Staun!). Auch machten die Läufer einen sehr viel durchtrainierteren Eindruck als bei den Stadtmarathons. Bin ich hier richtig, darf ich hier mitlaufen?

Um kurz vor 14 Uhr dann: "noch 10 sek, ..., auf die Plätze, fertig los " und dann ... nichts: die Startpistole klemmte. Noch ein Versuch, peng, und los gehts. Die Zeitmessung erfolgt netto mittels in der Startnummer integrierten Einmal-Chip (bibchip) und am Start aufgestellter Meßgeräte (im Zieleinlauf allerdings waren die Geräte bereits schon wieder abgebaut und es wurde mit der Hand gestoppt !? Oder lags nur daran, daß ich so spät kam?). Wobei der Unterschied zwischen brutto und netto selbst bei den Startern im Hinterfeld nur wenige Sekunden beträgt, was, da dies ohnehin keine bestzeitentaugliche Strecke ist, eigentlich nicht von Bedeutung sein kann. Also zumindest aus dieser Perspektive lohnt der Aufwand nicht.

Zurück zur Strecke. Ich bin kein Freund vom Warmlaufen beim Marathon, sondern mache dies immer auf den ersten Kilometern. Auch die bisherigen Landschaftsmarathonläufe ermöglichten dies durch flache Anfangs-Kilometer. Nicht so hier. Gleich ging es los mit Steigungen, was die "alten Hasen" im Hinterfeld zum Anlaß nahmen, sehr langsam vor sich hinzutrotten. Also, so langsam wollt ich ja auch wieder nicht laufen. Als alle bei KM 2 an einem schmalen eingetretenen Pfad im Gänsemarsch vor sich her liefen, wurde es mir zuviel und ich bin auf die holprige Überholspur gegangen. Es folgten einige wellige KM im moderaten Tempo und mit gutem Körpergefühl. Ca bei KM 8 (es werden nur alle 5KM angezeigt) dann die zweite Verpflegungstelle (diese finden sich ca alle 4KM), deren Angebot seinesgleichen sucht: neben dem Üblichen wurden z.B. Melonen und Schokolade angeboten. Ich griff bei Iso und Melone zu, um mir die Schokolade und andere Leckereien für die zweite Runde vorzubehalten (daß die Strecke im wesentlichen über zwei Runden geht, von denen die zweite über eine zusätzliche Schleife führt, hatte inzwischen auch ich trotz der verschlungenen Streckenskizze verstanden).

KM 10: von hier an bis etwa KM 19 hatte ich das - aus der Homepage des Veranstalters entnommene - Streckenprofil als eher fallend gelesen und somit eine "Erholungsphase" erwartet, bevor es von KM 19 bis KM 27 auf das "Dach" der Strecke gehen sollte. Bereits bei KM 11 jedoch sollte ich über meinen Irrtum aufgeklärt werden - zum ersten Mal zeigte sich die besondere Eigenart der Strecke: mit "Schmackes" den Berg hinab, um sogleich wieder in eine unangenehme Steigung überzugehen. Wenige KM später dann das Schild "Marathon 35 KM". Ich hab natürlich begriffen, daß sich dieses auf die zweite Runde bezog. Dennoch war das Schild folgenschwer. Ich hatte mir aus der Ausschreibung gemerkt, daß ab KM 35 die Strecke überwiegend abwärts führt. Jedoch erwartete mich statt einer Erholungsphase eine kräfteraubende, weil steile und mit groben Schotter belegte Gefällstrecke. Welche sodann und ansatzlos in einen zunächst steileren, dann etwas flacheren, aber auf alle Fälle langwierigen Steigungsabschnitt überging. Das war also das Geheimnis der Strecke! Nach einiger Zeit, nach meinem Gefühl mußten seit dem 35KM Schild weit mehr als 2 KM vergangen sein, dann ein Schild "noch 5 KM". Dann kurz darauf wieder das Spiel "steil abwärts", diesmal auch noch auf Apshalt (eigenartigerweise haben die Pyrmonter einen großen Teil der Waldwege - zumindest jene, über die die Strecke führte - asphaltiert), und -zack- nach der nächsten Verpflegungsstelle wieder bergauf. Wenigstens hatte ich hier die Ausrede, während der Verpflegungsaufnahme ein Stück gehen zu müssen. Kurz vor KM 20 war dann etwa die Stelle ("noch 2km") erreicht, wo es nach der zweiten Runde Richtung Ziel abzweigt. Von wegen Erholung auf dem zurückliegendem Streckenabschnitt, ich ging also bereits belasteter als geplant in den folgenden Abschnitt Richtung Scheitelpunkt der Strecke. Und schlimmer noch, ich wußte, das der letzte Streckenabschnitt noch einiges Unangenehmes statt dem Erhofften Ausrollen für mich vorsah.

Die zweite Runde begann mit den bereits bekannten Anstiegen, bevor es bei jener Verpflegungsstelle, an der ich mich vorhin über das Angebot freute, jetzt aber keinen Appetit mehr hatte, etwa bei KM 22 auf die Zusatzschleife ging . Diese begann sofort mit einem heftigen Anstieg, so daß ich mich erstmals zum - wenn auch zügigen - Gehen entschloß, um Kräfte zu sparen. Nach etwa 27 KM und einigen weiteren, teilweise gegangenen Anstiegen, dann der höchste Punkt der Strecke. Kurz zuvor hatte man das einzige Mal Gelegenheit, auf einigen Hundert Metern in die Augen seiner - bereits um ca 3KM enteilten - Mitstreiter zu blicken, denn die Zusatzschleife war hier quasi zusammengefaltet. "Mann, sind die gut drauf", dachte ich und bedauerte mich, noch die Schleife auslaufen zu müssen. Immerhin habe ich keinen Gedanken an eine Verkürzung und damit Abbruch verschwendet. Kurz nach dem höchsten Punkt ein besonders ekliges Gefälle auf Asphalt, daß - ich ahnte, ja befürchtete es, übergangslos in einer engen Kurve in eine genauso gemeine Steigung überging. Daß mein Vordermann, mich soeben überholend, hier nach kurzer Zeit ebenfalls den Gehschritt einlegte, befriedigte mich in dem Moment nicht so richtig. Die letzten KM bis zu Markierung 30 dann wieder eine langgezogene Steigung, teilweise gegangen.

Bei KM 32 an der Verpflegungsstelle muß ich wohl mißmutig gebrummt haben, den die freundliche Helferin wollte mich sogleich zum Weitermachen animieren. Dialog: Sie: "Hören Sie auf, sie wollen doch wohl nicht abbrechen". Ich, ein Spiel mit ihren Worten versuchend: "Ich hör doch jetzt nicht auf". Sie, mich mißverstehend: "Das wollen Sie doch nicht machen". Statt einer Aufklärung bin ich dann lieber weitergelaufen. Der nächste Abschnitt dann bis 35 war insgesamt angenehm zu laufen, und von da an kannte ich ja die Strecke. Ein letztes Mal die steilen Gefälle und unangenehmen Anstiege und dann bei "noch 2 Km" die Ansage einer Helferin, "Jetzt gehts nur noch bergab". Meine Antwort "Ach, schade", muß wohl sehr überzeugend geklungen habe, denn man bot mir an, noch eine Runde zu laufen. Dieses freundliche Angebot dankend ablehnend rollte ich die letzten 2 KM aus, auf der Zielgerade = Hauptpromade angefeuert vom in den Straßencafes sitzendem Publikum. Ob der fortgeschrittenen Uhrzeit werden diese allerdings wohl eher mit dem Abendessen beschäftigt gewesen sein. Zieleinlauf, das wars, erst mal auf die nächste Wiese gelegt und ausgeruht.

Kurz danach dann zum Auto, nanu, es tut ja gar nix weh (außer den Fersen, hatte ich noch nie nach einem Marathon), Sporttasche geholt und erstmal unter die Dusche und mittels Freikarte ins Freibad (zuerst war ich im Hallenbad, eigenartigerweise allein, dann jedoch durch einen "freundlichen" Bademeister aufgeklärt: "Hier ist zu, Sie sehen doch, daß hier sonst niemand ist". Auf mein Einwand bezüglich der verlängerten Öffnungszeit anläßlich des Marathons brummte er "Gilt nur fürs Freibad", zeigte mir immerhin nach meiner Frage noch den Weg dahin). Tagesabschluß waren dann Pasta auf der After-Run-Party, die zu der fortgeschrittenen Zeit schon unter deutlichem Teilnehmerschwund litt und ein Eis (man gönnt sich ja sonst nix) auf dem Rückweg nach Haus.

Fazit:

Gute Organisation.

Schönes Laufgebiet, lediglich der Asphaltanteil ist mir persönlich ein wenig hoch.

Anspruchsvolles Profil, einer Säge gleich.

Mit meiner Bergablauferfahrung, wie noch beim Härdler geprahlt, ist es doch noch nicht so weit her.

Mit meiner Bergauflauferfahrung erst recht nicht...

Mit meiner Ausdauer schon eher, wie die Läufe an den auf den Marathon folgenden Tage zeigten.

Außer mir waren noch da: 13 Mitglieder 100MC (= knapp 10%) sowie 5 User der hiesigen Website (umständlich ausgedrückt, nicht wahr, aber irgendwie will mir der Begriff "Steppenhühner" nicht von den Lippen), als da wären: Powerschnecke, der seinem Namen keine Ehre machte, sondern echt fix war (sein kurzfristiges Ziel, "Affenzahn" zu überholen, hat er aber nicht erreicht). Smeagol auf Platz 5 (2. M35) , der zudem auch noch "eingebremst" gelaufen ist, wie er im Virtutel behauptet - seine gute Platzierung dort aber in aller Bescheidenheit verschweigt. Sowie Manfred Iser, Uli316 und Jens*geht*Laufen. Keinen von Euch habe ich anhand Eurer Photos hier im Steppenhahn erkannt und bin insofern unerkannt vorbeigerannt oder besser Ihr an mir, wie die Ergebnisliste zeigt.

Und nun? Die nächsten Termine sind jetzt erstmal flach: Münster- (wo Smeagol seine Bremse lösen will) und Berlin-Marathon. Getreu dem Motto "spezifisches Training" (siehe oben) fahr ich bald nach Bayern in die Berge und setze dort mein Training für die beiden Flachlandmarathons fort.


© Thomas Enck, 27. Juli 2004

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