Zufälliges Zitat

"Der Kopf will Ultra, die Beine aber wollen schneller laufen..."

Christian Soerensen, frei zitiert

Nächster Ultramarathon

Eislauf mit Hindernissen

Ein Laufbericht von Uli Schulte, 100 Marathon Club

Dreizehn Marathons in dreizehn Tagen - veranstaltet vom 100 Marathon Club Deutschland zwischen dem 20. Dezember 2002 und dem 1. Januar 2003. Das wäre doch was für mich. Spaß bei Seite - so was kann ich mir (noch) nicht zutrauen. Aber warum nicht zwischen Weihnachten und Neujahr für sieben Läufe melden? Sechs Euro Startgeld pro Marathon ist ja human. Wie viele Läufe ich dann schaffe, ist eine andere Sache. Einen wohl sicher. Zwei ist schon besser - ein "Doppeldecker". Drei in einer Woche wäre neuer persönlicher Rekord. Bei vier hätte ich mein Jahresziel von 28 Marathons in 2002 erreicht. Fünf? Würden für die Serienwertung reichen. Sechs oder sieben? So weit mag ich nicht denken. Also anmelden und Startgeld überweisen - nach- und ummelden geht dieses Jahr nicht!

Das bewährte Gästezimmer in unserer Hamburger Freien Christengemeinde in der Bachstraße ist leider belegt. Doch die Einladung des Pastors, zwischen den Jahren in seinem Haus unterzukommen, will ich nicht annehmen. Frau Irene, Tochter Daniela, Hündin Conny und ein duftender Läufer - das kann nicht zugemutet werden. Was nun? Wohnwagen mieten. Während der Wettkämpfe unterstellen bei der Freien Christengemeinde Hamburg Alstertal, ganz in der Nähe der Laufstrecke an den "Teichwiesen" in Hamburg Volksdorf. Pastor Heinrich Zellmer ist ein Studienkollege. Bei uns in Norddeutschland wird es ja nicht so sehr winterlich. Das Thermometer fällt. Der Eisregen beginnt. Der 25. Dezember rückt näher. Busse und Bahnen fallen aus, ebenso die Müllabfuhr und der Streudienst. Mein 190 er kriegt den Hänger nicht vom Fleck. Ein Nachbar mit Allradantrieb muß helfen. In Bremen kann man keinen Schritt vor den anderen tun. Der Hund rutscht nach allen vier Seiten. Die Familie mault und das Chaos spitzt sich zu. Der erste Lauf am ersten Feiertag muß geknickt werden, da wir kaum wegkommen. Am späten Nachmittag treffen wir in Hamburg ein. Wohnwagen aufgebaut, Gasheizung an, Nerven beruhigt, was vom Griechen geholt, langsam entspannt. Am 26. dann der erste Lauf. 5 Stunden und 52 Minuten bei völlig vereister Strecke. Wie ich die Teichwiesen liebe! Am Abend bin ich so kaputt, dass ich mich kaum noch bewegen kann. Muskeln schmerzen, von deren Existenz ich vorher nichts ahnte. Am 27. muß ich pausieren - das fängt ja gut an. Aber auch die Helferrolle am Verpflegungsstand und als Rundenzähler ist wertvoll. Mal auf der anderen Seite stehen. Von den Helfern profitiert man als Läufer sonst nur. Am 28. geht es wieder gut. Über 40 Minuten schneller, 5 Stunden und 9 Minuten diesmal. Auch Hündin Conny macht ihren zweiten Lauf. An jedem Rennen nehmen ca. 15 - 20 LäuferInnen teil. Am 29. der dritte Lauf. Nochmal schneller: 5 Stunden und 6 Minuten. Dann wieder einen Tag Pause am Helferstand. Sechs Stunden in der Kälte stehen. Was tut mehr weh? Am 31. dann der vierte Lauf. Auf der "Titanic - Strecke" durch Hamburg - Volksdorfer Wohngebiete - die Teichwiesen sind durch einen anderen Silvesterlauf belegt. Letztes Jahr bin ich hier fast festgefroren. Dieses Jahr läuft es besser: 5 Stunden und 5 Minuten. Das Jahresziel ist erreicht. Und insgesamt der 50. Marathon bzw. Ultra. Jetzt will ich auch noch in die Serienwertung! Aber erst mal Silvester feiern. Mit der Freien Christengemeinde Alstertal an der Saseler Chaussee. Hier sind wir gleich zu Hause. Wie in einer großen Familie. Dankbar auf das vergangene Jahr zurückschauen. Hoffnungsvoll ins neue Jahr blicken. Ich muß meinen Weg nicht allein gehen. Die Lasten nicht selber tragen. Einer geht mit. Einer trägt mit. Hat schon alles getragen. Der Neujahrslauf beginnt erst um 11.30 Uhr. Heute ist wieder meine Hündin Conny dabei. Irene und Daniela stehen an der Strecke. Mein Lauffreund Hans ruft mir zu: "Tolle Familie hast Du!" Recht hat er. Wir laufen in die Dämmerung hinein, ins Schneetreiben, wieder Eisglätte. 5 Stunden und 47 Minuten. Die Serienwertung ist erreicht. Fünf Marathons in sieben Tagen - ein schöner persönlicher Erfolg. Übrigens: von den weit über 30 TeilnehmerInnen der Serie finishten eine Läuferin und zwei Läufer alle 13 Rennen!

Am Neujahrsabend geht es dann bei Neuschnee und -eis mit dem Wohnwagen im Gespann zurück nach Bremen. Im Schleichtempo. Unterwegs fällt auch mal die Elektrik des Hängers aus. Eislauf mit Hindernissen eben. Gegen 23 Uhr kommen wir gesund zu hause an. Gott sei Dank. Viele Hindernisse überwunden: ein gutes Gefühl im Hinblick auf den Transeuropalauf von Lissabon nach Moskau von April bis Juni 2003 - für mich allerdings nur vier Etappen innerhalb Deutschlands.

Uli Schulte, 100 Marathon Club, Bremen - Nord, 11.1.2003


© Uli Schulte, 100 Marathon Club, Bremen , 12. Januar 2003