Alle zeigen - Bericht von Susanne Alexi zum 24h Benefizlauf in Ratingen:
Susanne Alexi , 14.08.2007

Ultralauf als Familienevent mit Überraschungseffekt

Mutter- Sohn- Story vom 24 h- Benefizlauf in Ratingen

Vorweg nehmen muss ich, dass dieser Lauf 2007 erst zum 2. Mal statt fand, von Anfang an gelungen war und sich jetzt schon enorm gesteigert hat- nächstes Jahr wird es dort boomen, was Teilnehmerzahlen und Leistungen betrifft. Aber das idyllische Flair bei diesem Lauf wird sicher erhalten bleiben- denn der 5 km- Rundkurs entlang Schafweiden, Gehöften, Feldern, Waldabschnitten und Bachlauf ist einfach zu schön. Die Veranstalter Klaus und Renate Stemmer sind nicht zu toppen, was Hilfsbereitschaft, Organisationsvermögen und Ausdauer betrifft. Und die Anlage bzw. das Clubhaus von TUS Breitscheid mit Zeltwiese und neuen sanitären Anlagen bietet im Start- Zielbereich alles, was die „Laufkundschaft“ so braucht.

Die Idee des Laufs ist es, wirklich jeden, von Schulkind bis Greis, in jeder körperlichen und geistigen Verfassung teilnehmen zu lassen, ganz nach seinem/ ihrem Vermögen. Jede Runde, egal ob per pedes, per Rad, Inliner, Einrad, Rolli usw. zählt. Der Erlös geht an die Helen Keller Schule für geistig Behinderte, deren Schüler und Eltern auch zahlreich vertreten waren und eine super familiäre Stimmung verbreiteten. Dieses Mal kamen weit über 8000 km zusammen! UltraläuferInnen dürfen gerne 24 h machen, ganz nach Belieben.

Spätestens hier fängt unsere persönliche Geschichte an:

Mein Sprößling Tom (9) und ich schlugen Freitagnachmittag unser Zelt in Startnähe auf und beäugten das Läuferfeld. Gleich nebenan hausten die „Rennhamster“ mit zwei Einzelstartern und einer Staffel, für die noch jemand fehlte. Mein Plan war, eine Runde mit Tom zu traben, mit ihm zu essen und zu spielen bis er in den Schlafsack krabbelt. Für die Zeit danach wäre ich dann gerne in die Staffel eingesprungen.... Pustekuchen, Denkfehler. Oder die Schuld von Renate Stemmer ;-).

Sie gab mir nämlich die Startnummer und verweigerte sie Tom mit den liebevollen Worten:

„Nein, die kriegst du erst, wenn du groß bist und soviel läufst wie die Mama... mindestens einen Marathon!“ Na, das sagt man keinem Tom Alexi :-). In null komma nix war ihm klar, dass er diese Startnummer kriegen würde. Und zwar in genau 9 Runden á 5 km!!

Mir schwante Unheilvolles und wir zogen gemächlich los. Tom ließ sich auch brav bremsen auf dem ersten Kilometer, danach wurde er von selbst langsamer... Bauchweh vor Aufregung!

Okay, geht vorbei, geht alles vorbei sagen die Läufer ja immer. Nach 43 min schon im Ziel- huch, das war ja doch schnell für den Anfang! 30 min Pause für Tom und weitere 5 km für Mama in der Zeit. 2. Runde mit Tom: Er fällt schon in den Ultraschlappschritt, kaum zu fassen. Und redet und redet wie ein Buch. Findet plötzlich alles toll, die Apfelbäume, die Schafe, die Strohhalme auf dem Feld, die Luft, die Wolken, das Licht... finden bei Spaziergängen sonst nie Beachtung! 45 min für die 2. Runde, 10 min Pause, immer schön trinken, bisschen essen, dehnen. 3. Runde. Na, jetzt müssen wir bergauf gehen, bergab laufen, warum nicht. 50 min.

Der Po tut weh, dann die Ferse, dann die Rippen... geht alles vorbei. Mundwerk steht nicht still.

4. Runde: Die Gehstrecken werden länger, aber betont forsch mit „Ziehen“ an der Hand (Du ziehst mich ja nicht wirklich, du bist ja nur ein paar Zentimeter vor mir!“). Aufören nach 20 km, wäre doch eine tolle Leistung, Tom. Wie ich denn darauf käme? Er will die Startnummer. Er hat´s jetzt allen angekündigt. Ja, und alle ermutigen ihn unterwegs, staunen, oft ungläubig, was er da vor hat mit seinen 9 Jahren, laufmäßig völlig untrainiert als Judoka und Fußballer.

5. Runde: Jetzt wird nur noch 50 m nach dem Start und 50 m vor dem Ziel gelaufen, dazwischen eher geschlichen. Er will 30 km vor dem Schlafen schaffen und 15 km am Samstagmorgen- bis 11.00 h. Es wäre ja Zeit bis 18.00 h, aber Tom muss zum Fußballturnier(!) in Köln, ich soll ihn Punkt 12.30 h zu Hause absetzen.

6. Runde: Welch ein Glück! Um 23.00 h sammeln sich die Vereinsmitglieder mit Fackeln zu einem 5 km Rundgang! Genau richtig für uns, Tom geht mit. Aber seine Laune ist im Keller, er muffelt mich nur an unterwegs und sagt kurz vor Schluss: „Jetzt ist die Runde aber schnell rumgegangen, ich hab mich soviel aufgeregt über den Lärm der Leute!“

Also um 24.00 h Schlafen gehen, nicht ohne Panaceo Kapseln von Greif, die haben glaub ich, viel gebracht bezüglich Durchhalten und Erholung bei uns.

Tom schlummert, ich trabe 4 Runden 0.30 h bis 1.30 h und fühle mich etwas einsam auf der Strecke so ohne Tom, viele 24 h- Teilnehmer sind ja nicht unterwegs. Mehr als 70 km sollte ich auch nicht machen vor dem Abenteuerlauf. Und schlafen sollte ich, damit ich morgen heil über die Autobahn komme mit Sohnemann. Also morgen noch mit Tom 15 km und Schluss, aus. Ich wasche mich, ziehe mich um....2.10 h. Hellwach und fit bin ich. Also doch noch eine Runde. Dann direkt ins Zelt, schlafen bis 7.00 h. Tom wecken, frühstücken, vorher noch ein Plausch mit Renate in der Umkleide. Sie fönt sich gerade. Ui, da wird mir schlecht und haferflocke muss in der Horizontalen die Beine hochlegen. Es dauert etwas, bis ich mit Kaffee, Müsli und Zuspruch von Klaus und Renate wieder okay bin. Nachtlauf nach zwei Tagen Nachtdienst ist auch nicht ideal ;-).

Tom hat null Probleme, will nix wie los, muss ja pünktlich nach Köln... und er bekommt jetzt seine heißersehnte Startnummer für die letzte Strecke!

3 Runden gehen planen wir, halten alles ein, kleine Zwischenspurts gibt es, viel Bewunderung unterwegs. Tom ist schon sehr erschöpft, aber unglaublich motiviert. Dagmar, die 2006 und 2007 je 30 Marathons schafft, dieses Jahr noch in den 100 M- Club will, hat Tom eigens 2 km bis zur Marathonmarke begleitet und beglückwünscht. Im Ziel dann bei 45 km ist großes Publikum aufgelaufen, die haben scheint´s alle auf ihn gewartet. Sehr emotional, das alles.

Jetzt gibt’s die Urkunde, persönliche Widmung auf die 285 und ab ins Auto nach Köln.

„Aber Mama, du fährst doch zurück und machst die 100 km voll?!“ Ach Tom, ich bin doch erst um 15.00 h wieder da, wie soll ich.. „Neee! Du bist spätestens um 13.30 h zurück, dann läufst du ab 14.00 h und schaffst das!“ Na, wenn er meint... Zu Hause Haare waschen, essen fassen, zurück fahren, kaum Stau.

14 Uhr loslaufen- o, wie gemütlich. 6 Runden, keine über 30 min. Nach der 4. Runde 18 min Pause zum Frisch machen (es ist sehr warm jetzt, traumhaft!). Total nette Laufbegleitung habe ich von Gudrun aus Düsseldorf und anderen netten Leuten. Ein Läufer (sorry, Name futsch) versucht sich gerade von Wolfgang (dem späteren Sieger) motiviert sehr erfolgreich an seinem ersten 100er, zum Schluss hängt er sogar noch eine Runde dran. Irgendwann stellen wir fest, dass ich die einzige Frau bin, die 24 h gemeldet ist außer Dagmar, aber die läuft Sonntag in Monschau und macht deshalb nur 50 km. Also laufen sowohl Tom (als einziges Kind) als auch ich (als einzige verbleibende Frau) außer Konkurrenz und kommen aufs Treppchen. Na, da wären 70 km ja peinlich gewesen. Gut, dass Tom mich zu 100 überredet hat!

Um 16.48 h bin ich fertig und genieße die Zeit bis zum Schluß um 18.00 h unter der Dusche, in der Sonne und beim Essen. Dann Siegerehrung (seeehr ungewohnt für mich): Wolfgang hat 160 km in Dauerwettkampf mit dem Zweiten geschafft, hat ihn echt mitgenommen. Weitere 5 Läufer hatten über 100 km, dann haferflocke, dann lange nichts. Erst beim Erzählen und Schreiben zu Hause habe ich so richtig realisiert, wie originell das ist: Kind begleiten, Schlafpause, Mutterstolz auf Tom, Laufunterbrechung mit Kölnfahrt und dann mit nur 100 km gewinnen.

Sehr lehrreich auch für künftige Vorhaben. Da ist noch einiges drin, hoffe ich!

Tom hat übrigens Samstag noch prima Fußball gespielt, danach mit seinem kleinen Bruder Fernsehabend gemacht und war am Sonntag putzmunter.



Gruß, Susanne

© Susanne Alexi, 14.08.2007

Weitere Info's und Berichte zum Lauf:


Kommentare Kommentare zu diesem Bericht:
 
  • Kinder Frank 15-08-2007 07:16

Frank schrieb am 15-08-2007 07:16:

Kinder

Guten Morgen Susanne,

auch Dir herzlichen Glückwunsch zu Deinem Sohn!!!!
Hattest Du nicht vorher gesagt, laufen wäre ihm zu langweilig?!? So kann man sich täuschen.

Ist schon der Wahnsinn, was in unseren Kindern steckt und wie wenig Mühe es ihnen bereitet, oder??

Vielleicht sehen wir uns (mit den Kindern) ja nächstes Jahr in BaLi? Ratingen passte mir nicht, weil ich unbedingt wieder zum Dodentocht wollte.

Liebe Grüße (auch an Tom)

Frank

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