03.2008: Verena konnte sich jetzt endlich durchringen, den Pulsmesser und andere Geschichten in Buchform zu veröffentlichen :-)
Jetzt bei Copress erschienen, 112 Seiten stark und bei Amazon zu bestellen: Läufer sind auch nur Menschen. Der Pulsmesser und andere Anekdoten
Ich bin Läuferin.
Früher bin ich mit Stephan gelaufen. Jetzt laufe ich mit
Pulsmesser.
Die Veränderung kam
so ganz allmählich. Wir laufen schon eine ganze Weile gemeinsam.
Selten schnell, aber dafür lang. Waldlauf. Marathon.
Ultramarathon.
Und dann? Dann ist man
eindeutig im mentalen Bereich. Kopf läuft. Beine machen mit. Um
den Kopf in Bewegung zu halten, gibt es verschiedene Spielchen. Man
kann Kilometer zählen. Oder Minuten. Oder Kilometer pro Minute.
Oder pro Stunde. Oder Runden pro Stunde. Oder Kilometer pro Runde pro
Zeiteinheit. Oder soweiter. Dafür gibt es verschiedene
Gerätschaften, die das Spielen erleichtern.
Puls-Herz-Watt-Zeit-Alles-Messgeräte. Der elektronisch
vermessene Lauf. Macht das Sinn? Wo kämen wir hin, wenn jetzt
alle mit Elektronik laufen würden? Aber wo kämen wir hin,
wenn alle sagten, wo kämen wir hin, statt zu gehen, um zu sehen,
wo sie hinkommen?
Und so ist Stephan
gegangen und hat einen Pulsmesser gekauft. Jetzt hat er eine Schnur
um sein Herz und alle Ergebnisse auf dem Handgelenk. Zunächst
fällt das gar nicht weiter auf. Wir laufen einfach wie immer.
Meistens erzählen wir. Mal er. Mal ich.
Aber jetzt gibt es die
»breaks«: Scheiße ich hab die Zwischenzeit
vergessen!
Mitten im Gespräch.
Egal ob wir gerade die Psyche von Kampfhunden analysieren oder das
Liebesleben von Computern. Jetzt zählt nichts mehr. Nur die
Zwischenzeit. Ich meine, früher hat Stephan auch immer eine
Zwischenzeit gemessen. Aber so ganz unauffällig. Irgendwo an
einem Punkt X hob er sein Handgelenk ein wenig und sah auf die Uhr.
Mehr nicht. Vielleicht kam es auch nie darauf an, dass der Punkt X so
exakt eingehalten wurde. So genau war die Uhr ohnehin nicht. Aber das
ist jetzt eben anders. Die Pulsmesseruhr ist ganz genau. Nur Stephan
eben nicht. Na gut.
Wenn wir also den Schock
mit der Zwischenzeit überwunden haben, geht es weiter. Ich bin
ja flexibel und schnell wieder im Thema. Vielleicht auch bei einem
neuen. Aber als wir heute gerade die Straße überquert
haben ist Stephans Puls weg. Einfach weg. Also wir haben die Straße
schon wohl behalten überquert. Kein Autounfall. Das ist es
nicht. Aber was es ist, lässt sich nicht recht ermitteln. Ich
bin Biologin und habe auch ein bisschen mit Medizin zu tun. Aber was
ich da über fehlenden Puls gelernt habe, kann ich alles
verwerfen. Stephan lehrt es mich neu. Er wäre sicher nicht
einverstanden, wenn ich jetzt seine Beine hochlagern würde.
Nein, er läuft weiter. Und irgendwann ist auch der Puls wieder
da. So deutlich wieder da, dass es piept. Wenn es piept sind wir
nicht mehr im richtigen Bereich. Dann müssen wir langsamer oder
schneller laufen. Ich hoffe jedenfalls, dass das auch für mein
Herz gilt. Bisher hat es jedenfalls immer mitgemacht. Alleine laufen
ist schließlich auch nicht so gut fürs Herz.
Aber dann piepst es
plötzlich, obwohl wir ganz gleichmäßig unser Tempo
laufen. Es gibt eben noch andere Ereignisse auf die der Puls
anspringt. In diesem Fall sind es drei weibliche Schönheiten,
die uns mit Ausblick auf ihre Rundungen überrunden. Gar nicht so
schlecht, so ein Gerät. Ich sollte das allen meinen Freunden
schenken. Dann wüsste ich endlich ohne Umschweife, ob mein
Besuch Herzklopfen verursacht. Vielleicht ist es aber auch besser,
das nicht zu wissen.
Auf dem Rückweg habe
ich mich dann jedenfalls schon ganz gut daran gewöhnt, dass
jeder Satz von Stephan mit »Jetzt ist er 136« endet.
Und dann noch Stephans
Hungerloch. Da hat sich deutlich was verändert. Früher hat
er bei einem Kohlehydratloch die Gesichtsfarbe verloren und ist dann
in den Bus gestiegen. In der nächsten Phase, fing er an zu
beschleunigen, sobald er Appetit bekam. »Sonst dauert es ja
noch länger, bis es was zu essen gibt« argumentierte
er. Die bevorstehenden Nudeln ließen aber meine Muskeln nicht
spontan schwellen. Soweit bin ich mental noch nicht. Deswegen fand
ich das eine sehr anstrengende Zeit. Das ist jetzt mit dem
Pulsmesser wieder besser. Da läuft Stephan ganz gleichmäßig
weiter. Nur unterhalten können wir uns dann nicht mehr so gut.
Aber das liegt auch an mir. Ich muss eben noch lernen, was ich
erwidern kann, wenn jemand sagt: »Also jetzt habe ich Hunger
und trotzdem einen Puls von 136.....ich bin wirklich schon ganz
entkräftet....fast fallen meine Arme ab....aber guck der Puls
ist bei 136...es ist unglaublich....dabei hab ich so einen
Hunger......136«
So insgesamt ist das schon
ganz nett mit dem Pulsmesser. Nur am Schluss, muss ich sagen, also am
Schluss ist es doch ein bisschen frustrierend. Früher hat
Stephan da immer gesagt: »Ach war das schön...schön
war das mit Dir!!«
Und jetzt sagt er: »Mist,
wieso zeigt der die recovery nicht an?«
Ich weiß ja nicht
genau, was da angezeigt werden soll. Aber so wie ich das Lexikon
verstanden habe, geht es um die Wiedererlangung des Bewusstseins.
Naja, und wenn das wieder da ist, dann steht da ja vielleicht auch:
Schön wars!
03.2008: Verena konnte sich jetzt endlich durchringen, den Pulsmesser und andere Geschichten in Buchform zu veröffentlichen :-)
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