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Der Pulsmesser

von Verena Liebers

http://www.steppenhahn.de/ll/puls.html 09.2000

Das Buch ist da :-)

03.2008: Verena konnte sich jetzt endlich durchringen, den Pulsmesser und andere Geschichten in Buchform zu veröffentlichen :-)
Jetzt bei Copress erschienen, 112 Seiten stark und bei Amazon zu bestellen:
Läufer sind auch nur Menschen.
Der Pulsmesser und andere Anekdoten


Ich bin Läuferin. Früher bin ich mit Stephan gelaufen. Jetzt laufe ich mit Pulsmesser.

Die Veränderung kam so ganz allmählich. Wir laufen schon eine ganze Weile gemeinsam. Selten schnell, aber dafür lang. Waldlauf. Marathon. Ultramarathon.

Und dann? Dann ist man eindeutig im mentalen Bereich. Kopf läuft. Beine machen mit. Um den Kopf in Bewegung zu halten, gibt es verschiedene Spielchen. Man kann Kilometer zählen. Oder Minuten. Oder Kilometer pro Minute. Oder pro Stunde. Oder Runden pro Stunde. Oder Kilometer pro Runde pro Zeiteinheit. Oder soweiter. Dafür gibt es verschiedene Gerätschaften, die das Spielen erleichtern. Puls-Herz-Watt-Zeit-Alles-Messgeräte. Der elektronisch vermessene Lauf. Macht das Sinn? Wo kämen wir hin, wenn jetzt alle mit Elektronik laufen würden? Aber wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin, statt zu gehen, um zu sehen, wo sie hinkommen?

Und so ist Stephan gegangen und hat einen Pulsmesser gekauft. Jetzt hat er eine Schnur um sein Herz und alle Ergebnisse auf dem Handgelenk. Zunächst fällt das gar nicht weiter auf. Wir laufen einfach wie immer. Meistens erzählen wir. Mal er. Mal ich.

Aber jetzt gibt es die »breaks«: “Scheiße ich hab die Zwischenzeit vergessen!“

Mitten im Gespräch. Egal ob wir gerade die Psyche von Kampfhunden analysieren oder das Liebesleben von Computern. Jetzt zählt nichts mehr. Nur die Zwischenzeit. Ich meine, früher hat Stephan auch immer eine Zwischenzeit gemessen. Aber so ganz unauffällig. Irgendwo an einem Punkt X hob er sein Handgelenk ein wenig und sah auf die Uhr. Mehr nicht. Vielleicht kam es auch nie darauf an, dass der Punkt X so exakt eingehalten wurde. So genau war die Uhr ohnehin nicht. Aber das ist jetzt eben anders. Die Pulsmesseruhr ist ganz genau. Nur Stephan eben nicht. Na gut.

Wenn wir also den Schock mit der Zwischenzeit überwunden haben, geht es weiter. Ich bin ja flexibel und schnell wieder im Thema. Vielleicht auch bei einem neuen. Aber als wir heute gerade die Straße überquert haben ist Stephans Puls weg. Einfach weg. Also wir haben die Straße schon wohl behalten überquert. Kein Autounfall. Das ist es nicht. Aber was es ist, lässt sich nicht recht ermitteln. Ich bin Biologin und habe auch ein bisschen mit Medizin zu tun. Aber was ich da über fehlenden Puls gelernt habe, kann ich alles verwerfen. Stephan lehrt es mich neu. Er wäre sicher nicht einverstanden, wenn ich jetzt seine Beine hochlagern würde. Nein, er läuft weiter. Und irgendwann ist auch der Puls wieder da. So deutlich wieder da, dass es piept. Wenn es piept sind wir nicht mehr im richtigen Bereich. Dann müssen wir langsamer oder schneller laufen. Ich hoffe jedenfalls, dass das auch für mein Herz gilt. Bisher hat es jedenfalls immer mitgemacht. Alleine laufen ist schließlich auch nicht so gut fürs Herz.

Aber dann piepst es plötzlich, obwohl wir ganz gleichmäßig unser Tempo laufen. Es gibt eben noch andere Ereignisse auf die der Puls anspringt. In diesem Fall sind es drei weibliche Schönheiten, die uns mit Ausblick auf ihre Rundungen überrunden. Gar nicht so schlecht, so ein Gerät. Ich sollte das allen meinen Freunden schenken. Dann wüsste ich endlich ohne Umschweife, ob mein Besuch Herzklopfen verursacht. Vielleicht ist es aber auch besser, das nicht zu wissen.

Auf dem Rückweg habe ich mich dann jedenfalls schon ganz gut daran gewöhnt, dass jeder Satz von Stephan mit »Jetzt ist er 136« endet.

Und dann noch Stephans Hungerloch. Da hat sich deutlich was verändert. Früher hat er bei einem Kohlehydratloch die Gesichtsfarbe verloren und ist dann in den Bus gestiegen. In der nächsten Phase, fing er an zu beschleunigen, sobald er Appetit bekam. »Sonst dauert es ja noch länger, bis es was zu essen gibt“« argumentierte er. Die bevorstehenden Nudeln ließen aber meine Muskeln nicht spontan schwellen. Soweit bin ich mental noch nicht. Deswegen fand ich das eine sehr anstrengende Zeit. Das ist jetzt mit dem Pulsmesser wieder besser. Da läuft Stephan ganz gleichmäßig weiter. Nur unterhalten können wir uns dann nicht mehr so gut. Aber das liegt auch an mir. Ich muss eben noch lernen, was ich erwidern kann, wenn jemand sagt: »Also jetzt habe ich Hunger und trotzdem einen Puls von 136.....ich bin wirklich schon ganz entkräftet....fast fallen meine Arme ab....aber guck der Puls ist bei 136...es ist unglaublich....dabei hab ich so einen Hunger......136«

So insgesamt ist das schon ganz nett mit dem Pulsmesser. Nur am Schluss, muss ich sagen, also am Schluss ist es doch ein bisschen frustrierend. Früher hat Stephan da immer gesagt: »Ach war das schön...schön war das mit Dir!!«

Und jetzt sagt er: »Mist, wieso zeigt der die recovery nicht an?«

Ich weiß ja nicht genau, was da angezeigt werden soll. Aber so wie ich das Lexikon verstanden habe, geht es um die Wiedererlangung des Bewusstseins. Naja, und wenn das wieder da ist, dann steht da ja vielleicht auch: Schön wars!


 © Verena Liebers - vigli@web.de - http://www.vigli.de/


Das Buch ist da :-)

03.2008: Verena konnte sich jetzt endlich durchringen, den Pulsmesser und andere Geschichten in Buchform zu veröffentlichen :-)
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Der Pulsmesser und andere Anekdoten


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37546 Zugriffe seit dem 14.09.2000, © Stephan Isringhausen

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